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Leserbrief: Irrweg Straßenausbaubeiträge

Nachfolgender Leserbrief erreichte uns zum Thema der geplanten Einführung von Straßenausbaubeiträgen in Bad Vilbel.

Wieder einmal wird in Bad Vilbel eine für viele Bürger einschneidende und vor allem teure Maßnahme in aller Eile durch die Gremien gepeitscht. Die schlechte Haushaltslage macht die Einführung von Straßenausbaubeiträgen unumgänglich, der Beschluss wird irgendwann nach den Sommerferien gefasst. Und weil es in Hessen bisher Brauch war, den Anliegern betroffener Straßen einfach Rechnungen über mehrere tausend Euro bei einmonatiger Zahlungsfrist zu schicken, liebäugelt man nun auch in BV mit diesem „Inkassomodell“. Dabei gibt es eine andere und von vielen Gemeinden als wesentlich gerechter und weniger schmerzhaft empfundene Variante: Wiederkehrende Beiträge (WB). In Hessen erst seit 2013 genehmigt, wird dieses Modell in anderen Bundesländern seit langem praktiziert, in Rheinland-Pfalz seit 1986!

Dass „Wiederkehrende Straßenausbaubeiträge“ nicht mit dem Grundgesetz vereinbar seien, ist, wie schon ein kurzer Blick ins Internet zeigt, Unsinn oder Stimmungsmache. Der BGH ist nicht mit der Rechtmäßigkeit von Wiederkehrenden Beiträgen, sondern mit der Frage befasst, ob ein ganzes Gemeindegebiet als Abrechnungseinheit definiert werden kann oder in kleinere Einheiten, bspw. Ortsteile, aufgeteilt werden muss.

Die Verwaltungskosten mögen bei dieser Variante am Anfang höher sein als bei einmaligen Beiträgen, dafür berichten Gemeinden mit wiederkehrenden Beiträgen jedoch von einer wesentlich größeren Zustimmung durch die Bürger, die dieses Modell als sozial gerechter empfinden. Zudem sind jährliche Zahlungen von plus/minus 100 Euro finanziell allemal weniger bedrohlich als das Damoklesschwert einer Einmalzahlung von mehreren tausend Euro. Durch WB verursachte Verwaltungsmehrkosten von 100 000 Euro ergäben in Bad Vilbel, auf 12 000 Hausbesitzerhaushalte umgelegt, eine Einzelbelastung von 8,34 Euro. Selbst in mehrfacher Höhe wäre das verschmerzbar! Auf der anderen Seite führen Einmalbeiträge nämlich in vielen Gemeinden zu erheblicher sozialer Unruhe und langwierigen juristischen Auseinandersetzungen, was Planungssicherheit verhindert, Baumaßnahmen verzögert und Mehrkosten verursacht, die niemandem nützen. Vermutlich sind die dabei anfallenden Probleme und Kosten oftmals nicht geringer als der Verwaltungsmehraufwand für WB. Umgekehrt gingen in Pirmasens die Klagen gegen fällige Straßenausbaubeiträge seit Einführung der WB auf Null zurück.

Wenn die Einführung von Straßenausbaubeiträgen schon unumgänglich sei, sollten die Bürger von den verantwortlichen Politikern nicht erwarten können, die in finanzieller wie sozialer Hinsicht verträglichste Lösung zu suchen – selbst wenn es bedeutet, sich damit auf verwaltungstechnisches Neuland zu begeben?

Bettina Münch, Bad Vilbel

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