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Karbener Anwalt muss Lehr-Geldstrafe an Diakonie zahlen-Im Erbschaftsfall landete Jurist selbst auf der Anklagebank • Amtsrichter Ralph Henrici stellte das Strafverfahren ein

Bad Vilbel/Karben. Schneller als man sich mitunter versieht, sitzt man als Rechtsanwalt selber auf der Anklagebank. Am Mittwoch vergangener Woche ging es vor dem Frankfurter Amtsgericht um Parteiverrat.

Ein Rechtsanwalt aus Karben hatte in einem langwierigen und umfangreichen Erbschaftsrechtsstreit den Überblick verloren. Zunächst nahm er auf Geheiß eines der vier Miterben vertretungsweise an einer Notarverhandlung zum Verkauf eines Hauses am Heilsberg teil. Kurze Zeit später wurde er dann für die übrigen Erben tätig. Der Miterbe, den er zuvor vertreten hatte, sollte nun mit einer Klage verpflichtet werden, dem Vertragswerk zuzustimmen. Die Staatsanwaltschaft nahm den Frontenwechsel des Juristen zum Anlass, Anklage gegen ihn zu erheben.

Rund 1,2 Millionen Mark umfasste das Erbe, das der Verstorbene 2002 seinen vier Neffen hinterließ. Auf einem Schweizer Konto war Schwarzgeld geparkt und am Heilsberg stand eben jenes renovierungsbedürftige Häuschen aus den 50er Jahren auf einem großzügigen Grundstück von 900 qm. Einer der Erben, ein in Ostdeutschland lebender ehemaliger DDR-Offizier, schoss wiederholt quer, weil er sich von den Miterben übervorteilt fühlte. Während die anderen mit Erfolg einen Käufer für das Haus suchten, widersetzte er sich zunächst dem Verkauf. Erst einige Monate später stimmte er dem Vertrag zu. Die Käufer hatten zu diesem Zeitpunkt schon gedroht, das Geschäft platzen zu lassen.

Während der Hausverkauf damit zustande kam, brauten sich dunkle Wolken über dem Rechtsanwalt zusammen. Zwischenzeitlich hatte sich eine weitere Rechtsanwältin im Namen der Miterben eingeschaltet – sowohl in einem Zivilprozess als auch beim Strafgericht wurde er belangt. 36 000 Euro Anwaltshonorar musste er zurückzahlen. Und nun kommen noch 1000 Euro dazu. Im Gegenzug stellte Amtsrichter Ralph Henrici das Strafverfahren „wegen geringer Schuld“ ein. Das Geld geht an die Diakonie in Karben. „Für diesen Prozess habe ich viel Lehrgeld bezahlt“, seufzte der Anwalt zum Abschluss. (ge)