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Kein Krieg ist heilig

Begrüßen die Gläubigen zum neuen Jahr (von links): Kalim Ahmad (Chairmen der Gemeinde), Waseem Qureshi, Imam Basit Tariq (stehend) und Kalim Ahmad. Foto: Sänger
Begrüßen die Gläubigen zum neuen Jahr (von links): Kalim Ahmad (Chairmen der Gemeinde), Waseem Qureshi, Imam Basit Tariq (stehend) und Kalim Ahmad. Foto: Sänger

Menschen, die das Wohlgefallen Allahs suchen, sind im Frieden unterwegs. Ihnen gelten Gewalt und Terror als Irrwege, schildert Abdul Basit Tariq, islamischer Theologe und Imam der Ghafur-Moschee in Ginsheim-Gustavsburg, in seinem Grußwort zum ersten Neujahrsempfang der reformierten islamischen Ahmadiyya-Gemeinde in Bad Vilbel Sonntagnachmittag im kleinen Saal des Kurhauses.

Bad Vilbel. Gibt es eine Lösung, einen Ausweg aus Krieg, Gewalt und Flucht? „Ich habe große Schmerzen, was in meiner Heimat in Pakistan und im Nahen Osten passiert“, sagt der Imam Abdul Basit Tariq. Viele Muslime „sind in ihren Herzen zerrissen“. Das arabische Wort Islam bedeute eigentlich Sicherheit, Heim, das geborgene Zuhausesein, doch das heutige abschreckende Zerrbild des Islams entspreche nicht den Auslegungen des Korans. „Es gibt eine Handvoll Verrückte, die die Botschaft des Islams durch ihre Gewalttaten in Verruf bringen“, kritisiert der Imam das gegenwärtige Geschehen im Nahen Osten, in den Metropolen wie New York oder jüngst in Paris. Denn der Koran erleuchte die Menschen zum Frieden, er sei das Wort Allahs, und wer vom Wort komme, der könne die Buchstaben des Korans am besten erklären. „Aber wer vom Schwert kommt, der kann dies nicht.“ Der habe vom Koran soviel verstanden wie „ein Papagei, der Buchstaben nachplappert, aber nicht zu lesen fähig ist“.

So könne nach den Worten des Islamgelehrten ein Krieg nicht heilig sein, „und Heiligtum hat mit dem Krieg nichts zu tun“, sagt er. Wer sich mit Morden und tot schlagen auf Allahs Größe berufe, wie es derzeit die Hassprediger in ihren Aufrufen zur Gewalt täten, stelle sich außerhalb islamischer Zivilisation des Friedens und des Korans, der das Morden von Menschen nicht kenne. Es fehle dem Islam eine geistige Führerschaft, eine einheitliche Theologie des heiligen Korans, kritisiert Abdul Basit Tariq.

„Es gibt keinen Führer, keine wissenschaftlichen Religionsgelehrten, es gibt nur Konflikte und Probleme zwischen Sunniten, Schiiten und anderen Gruppierungen.“ Aber es gelte „als Reaktion das Wort und nicht die Kalaschnikow“.

Der Imam zieht Parallelen zum Judentum und zu den Christen. Ähnlich im Judentum, das einst den Sinn der Thora vergessen hatte, habe Jesus eine Reform als Verheißung vollbracht. „Die Muslime erleiden genau dieselbe Krankheit wie die Juden zurzeit von Jesus.“ Aber viele Islamgläubige, viele Juden, aber auch viele Christen „wissen nicht, was in der Bibel steht“.

Pfeiler der Reform

Eine grundsätzliche Religionskritik jenseits der erhitzten Debatten. „Viele haben selbst keine Ahnung von ihrem Glauben, auch im Islam“, so das Resümee. „Die meisten Gläubigen folgen blind ihren Gelehrten. Und wenn die uneins sind, in die falsche Richtung führen, dann ist das katastrophal.“

Die Ahmadiyya-Gemeinde in Bad Vilbel setze auf Toleranz und respektvolles Miteinander. Rund 130 Mitglieder zähle die Gemeinde. Bundesweit seien es rund 220 Gemeinden. In ihrer Stammheimat in Pakistan würden sie als Reformierer des Islams nicht anerkannt, verfolgt und mit dem Tode bedroht. Aber die Verheißung nach Reformen, das Finden des Weges sei im Koran schon vorgegeben, betont der Islamwissenschaftler. So seien es vier Grundpfeiler, die die Reformbewegung bestimmten. Erstens gebe es keinen „Heiligen Krieg“, zweitens gebe es keine Todesstrafe und drittens keine Strafen wie Steinigung für Ehebruch. Zudem verlange das Toleranz- und das Friedensgebot den Respekt vor fremden Menschen und deren Gesetzen.

Einen Zwang zum islamischen Glauben gebe es nicht. Für die Ahmadiyyagemeinde – und das unterscheide sie von manchen anderesn islamischen Gruppierungen – sei die Botschaft des Korans eine Botschaft des Friedens.