Veröffentlicht am

Kleiner Punkt im Dunkeln – Die Entdeckung Bad Vilbels in den unendlichen Weiten des Alls

Weit entfernt von der Erde, noch hinter dem Mars, dreht Bad Vilbel seine Runden um die Sonne. Animation: Privat
Weit entfernt von der Erde, noch hinter dem Mars, dreht Bad Vilbel seine Runden um die Sonne. Animation: Privat

Bad Vilbel. Der Weltraum – unendliche Weiten. Wir befinden uns im Jahre 2007. Dies sind die Abenteuer des Bad Vilbeler Kieferorthopäden Uwe Süßenberger, der Millionen Kilometer von der Erde entfernt, weder fremde Welten noch unbekannte Lebensformen oder gar neue Zivilisationen entdeckte. Doch immerhin einen kleinen Asteroiden, den nie ein Mensch zuvor gesehen hat.

Viel ist über den Asteroiden Bad Vilbel nicht bekannt, nur eines ist klar: Leben ist »auf Bad Vilbel« keines möglich. Bad Vilbel muss ein unwirklicher Ort sein. 1,4 Astronomische Einheiten von der Erde entfernt, schwirrt der Kleinplanet im Asteroiden Gürtel umher. Eine Astronomische Einheit entspricht der Entfernung zwischen Sonne und Erde. Nur ein bis zwei Kilometer misst Bad Vilbel im Durchmesser, viel Platz ist dort also nicht. Dafür Zeit: So dauert ein Jahr auf Bad Vilbel beachtliche 1410 Tage. Doch wie der Asteroid Bad Vilbel genau aussieht, und aus welchem Gestein er ist, das wird wohl für immer unergründet bleiben. Ob er sich um eine Rotationsachse dreht, könnte aber mit etwas Aufwand noch herausgefunden werden, der Rest bleibt Geheimnis des Weltraums.

Sein Teleskop hat Uwe Süßenberger größtenteils selbst zusammengebaut, seine Gartehütte ist dadurch zu einer kleinen Sternwarte geworden. Foto: Dominik Rinkart

BRENNWEITE 1,6 METER
Entdeckt wurde der kleine Asteroid mit dem Namen Bad Vilbel am 15. März 2007. Der im irdischen Bad Vilbel bestens bekannte Kieferorthopäde und Hobbyastronom Uwe Süßenberger saß in seiner kleinen Gartenhütte und blickte in den Himmel. Mit bloßem Auge sind von seinem Bergen-Enkheimer Garten aus im lichtverschmutzten Himmel des Rhein-Main-Gebietes selten mehr als der Mond und ein paar Sterne zu erblicken. Doch in Süßenbergers Gartenhütte steht ein großes Newton-Spiegelteleskop, Brennweite 1,6 Meter, das es dem 59-Jährigen erlaubt in die Tiefen des Alls vorzudringen.

An jenem Tag im März ahnte Süßenberger noch nichts von seiner Entdeckung. Über die ganze Nacht ließ er eine Kamera am Teleskop hunderte Bilder einer bestimmten Region am Himmel aufzeichnen. Für Laien gibt’s auf solchen Bildern nichts zu entdecken. Doch der ambitionierte Hobbyastronom, mit vielen Jahren Erfahrung, konnte einen kleinen Punkt im dunklen Gestöber der Fotos ausmachen: Die Entdeckung Bad Vilbels.
Präzise notierte Süßenberger die sogenannten Bahndaten seiner Entdeckung. Die senden Hobbyastronomen wie er an das Minor Planet Center (MPC) der britischen Harvard-Universität. 465 solcher Hobbyastronomen gibt es derzeit weltweit. Das MPC sammelt deren Daten und bündelt sie. Im Falle von Süßenbergers Daten vom 15. März mussten sie erkennen, das noch niemand vor ihm diesen kleinen Punkt beobachtet hatte. Ihm wurde die Ehre zuteil, dem neuentdeckten Asteroiden einen Namen geben zu dürfen. Die Wahl fiel ihm leicht und auf Bad Vilbel.

KARRIERE ALS ENTDECKER

»Da fühlt man schon etwas Entdeckerstolz«, sagt Süßenberger zu, aber größere Emotionen kann ihm der schnöde Brocken im All nicht entlocken: »Das ist kein exotisches Objekt und nichts, was sich der Erde gefährlich nähern könnte«, sagt er. Bis heute wurden über 650 000 vergleichbare Kleinplaneten im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter entdeckt, Bad Vilbel ist einer davon. Ebenso wie Bergen-Enkheim, Christiane und Eberstadt, drei weiteren Entdeckungen Süßenbergers.

Inzwischen hat Süßenberger seine Karriere als Entdecker aufgegeben: »Sich die Nächte um die Ohren schlagen, dass kann man nicht ewig machen«, betont der Vater von vier Kindern. Seit einigen Jahren hat er sich einem weitaus irdischerem Hobby gewidmet: dem Imkern. Seine Faszination für Himmelskörper wird aber immer bleiben.
Als 14-Jähriger wurde Süßenberger sein erstes kleines Teleskop geschenkt. Alles was mit bloßem Auge erblickt werden kann, wurde in den nächsten Jahren von ihm beobachtet. Mit dem Aufkommen der Digitalkameras in den 90ern widmete er sich dem Fotografieren von Himmelserscheinungen: Planten wie Mars, Jupiter und Saturn, aber auch ganze Galaxien holte er sich vor die Linse und schoss beeindruckende Fotos.

Doch Süßenberger wollte etwas Dauerhaftes schaffen und widmete sich den Kleinplaneten. Bevor er allerdings mit einer eigenen Entdeckung rechnen konnte, galt es fleißig zu üben. Über das MPC ließ er sich die Bahnendaten bekannter Asteroiden geben, beobachtete diese genau und aktualisierte deren Bahnendaten. Zweimal gelang es ihm dabei in direktem Kontakt den Profiastronomen an gigantischen Radioteleskopen zuzuarbeiten – ein erhabenes Gefühl.
Nach etlichen Stunden am Okular hatte Süßenberger genug gelernt, um sein Glück als Planetenjäger zu versuchen. Mit Erfolg, denn wer kann schon von sich behaupten Bad Vilbel entdeckt zu haben?
Weit entfernt von der Erde, noch hinter dem Mars, dreht Bad Vilbel seine Runden um die Sonne. Animation: Privat

Auch wenn er die Astronomie bereits aufgegeben hat, betrachtet Uwe Süßenberger gerne den Verlauf der von ihm entdeckten Kleinplaneten.

Sein Teleskop hat Uwe Süßenberger größtenteils selbst zusammengebaut, seine Gartenhütte ist dadurch zu einer kleinen Sternwarte geworden. Fotos: Dominik Rinkart
sk_FNP_Mars

ndv_asteroid_rin (2x)