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Kopf aus Grauwacke

Spaziergänger, Freizeitsportler und Hundebesitzer gehören zu den regelmäßigen Besuchern im Massenheimer Freiluft-Atelier von Stephan K. Müller. Der Ober-Eschbacher Bildhauer modelliert dort jeden Montagvormittag aus einer 900-Kilogramm schweren Grauwacke einen abstrahierten Kopf heraus.

Bad Vilbel. Seine ersten kunstinteressierten Besucher waren 30 Kinder aus der Kita Zwergenburg. Die hatte der frühere Ortsvorsteher Jörg Schatz zum Atelierbesuch unter freiem Himmel ermuntert. Mit ihren Erzieherinnen Grit Jung, Lilian Schwarz und Karin Berkowitz sahen sie dem Bildhauer und seinem Praktikanten Caspar Sänger bei der Arbeit zu.

Die Kinder betasteten vorsichtig den auf einem eisernen Rahmen liegenden schweren Stein. Dessen Härte liegt zwischen der eines Sandsteins und eines mittelharten Granits. „Die Grauwacke ist ein Sedimentgestein aus dem Bergischen Land“, informierte sie der Bildhauer. Entstanden ist die Grauwacke vor rund 350 Millionen Jahren als Ablagerung während des Erdaltertums (Paläozoikum) in einem tropischen Küstenbereich. Die Farbtöne variieren in den Erdfarbtönen von Grau und Graublau über Graugrün und Graurot bis Graubraun.

Die Grauwacke zeichnet sich durch gute Witterungsbeständigkeit, hohe Druckfestigkeit sowie feinkörniges Gefüge aus, deshalb sei sie ideal für den Innen- wie auch Außenbereich. Nach dem Betasten des Steines ließen sich die Kita-Kinder alle Werkzeuge zeigen und auch genau erklären. Mit einem Stockerhammer und einem Fäustel werden größere Flächen abgetragen. Für feinere Konturen verwendet das Duo Holzhammer. An einer Ecke der Grauwacke werkelten die mit Schutzbrillen ausgerüsteten Kita-Kinder selbst mit dem Stockerhammer herum.

Die Erwachsenen sind da weniger wissbegierig. Ihr Interesse bekunden sie in Aufmunterungen für die beiden fleißig bei jedem Wetter am Stein arbeitenden Männer oder an Zurufen wie „Machen Sie was Schönes aus dem Brocken!“. Das hat Stephan K. Müller vor. „Ich modelliere aus dem rechteckigen Stein einen abstrahierten Kopf mit einem tiefen Mund, angeschliffenen Augen und Haarsträhnen heraus.“ Ein wenig wird die fertige Statue dann an die 890 monumentalen zwischen zwei und 22 Meter hohen Moai´s, die Steinkolosse von der Osterinsel, erinnern.

Bei der Massenheimer Figur bereits gut zu erkennen sind die Haarsträhnen. Unter ihnen wird der 44-jährige Bildhauer mit einem Korund, das ist ein Schleifstein, die halbrunden Flächen für die Augen herausschleifen. Damit der Kopf Charakter bekommt, wird das Duo die rauen und leicht porösen Stellen im späteren Gesicht mit dem Zahneisen bearbeiteten. „Da setzt sich später Moos an.“ Aus dem großen Stein arbeitet Müller nur einen abstrahierten Kopf heraus. Der Rest bildet einen Torso. Der Stein wird nach dem Ende der Bearbeitung mehrere Zentimeter tief fest in der Erlenbachaue versenkt. Doch bis es soweit ist, muss der Künstler noch fleißg den Stein weiter bearbeiten. Gelegenheit zum Zuschauen und Gespräch mit dem Künstler gibt es jeden Montag von zehn bis 13 Uhr in der Massenheimer Erlenbachaue. Wer möchte, kann unter Telefon 06172-458605 auch einen Atelierbesuch mit Stephan K. Müller vereinbaren.