Vor gut einem Monat endete die Wahl eines neuen Ortsvereins-Vorsitzenden im Desaster. Führungslos gingen die Bad Vilbeler Grünen in die Sommerpause. Kurz vor deren Ende ist noch kein neuer Chef gefunden. Wer es werden soll, wissen die Parteimitglieder zwar nicht; was dieser mitbringen soll, aber umso genauer.
Bad Vilbel. Die Überraschung war groß, als die Vilbeler Grünen bei ihrer Mitgliederversammlung am 24. Juli, Nägel mit Köpfen machen wollten: Man traf sich um einen neuen Ortsvereinsvorsitzenden zu küren, doch keiner erklärte sich bereit, das politische Erbe der bisherigen Chefin Kathrin Anders anzutreten. Anders hatte ihr Amt nach drei Jahren niedergelegt, um sich künftig stärker auf ihre Aufgaben als Stadtverordnete, Ortsbeirätin und Vorstandsmitglied der Wetterauer Grünen zu konzentrieren.
„Man hat gehofft, dass an diesem Abend jemand aus der Deckung kommen würde“, erinnert sich der grüne Stadtverordnete Ulrich Rabl an die missglückte Mitgliederversammlung. „Ich war nicht überrascht, aber traurig, dass sich keiner gefunden hat“, sagt Kassierer Robert Hübner, der zurzeit mit dem stellvertretenden Vorsitzenden Jens Matthias den Vorstand der Vilbeler Grünen bildet.
Erste Gespräche geführt
Man befinde sich derzeit im Gespräch mit möglichen Kandidaten, versichert Hübner, weist aber zugleich darauf hin, dass es „noch zu früh wäre“, um konkrete Namen zu nennen. Doch im Hinblick auf den anfallenden Arbeitsaufwand wäre es aber nicht ratsam, wenn ein politischer Anfänger den Vorsitz des kleinen, aber prominent besetzten Ortsvereins übernähme.
Die Bad Vilbeler Grünen stellen mit rund 30 Mitgliedern einen der größten Ortsvereine in der Wetterau. Doch wie Ulrich Rabl schätzt, beteilige sich derzeit nur rund ein Drittel der Mitglieder an der politischen Arbeit. Das Anforderungsprofil, das die Vilbeler Grünen an ihren neuen Vorsitzenden stellen, ist ziemlich konkret und nicht minder paradox: So sucht man offenbar nach jemanden, der zwar über parteipolitische Erfahrung verfügt, diese bislang aber nicht in vollem Umfang einbringt. Obendrein müsse der neue Vorsitzende über ausreichend Freizeit verfügen, um die zeitintensive Arbeit stemmen zu können.
All diese Attribute träfen eigentlich auf Clifford Mattern, ehemals Schatzmeister der Grünen, zu. Doch er will das Thema nicht kommentieren.
Dass bisher noch kein neuer Vorsitzender gefunden wurde, führen die noch immer führungslosen Grünen vor allem auf die Sommerferien zurück. Doch es komme noch ein weiteres Hindernis hinzu, sagt Ulrich Rabl: „Das Problem ist heutzutage, dass keiner mehr Verantwortung übernehmen möchte“, klagt er. Viele Mitglieder des Ortsvereins seien obendrein entweder durch Beruf oder durch Mandate in Stadtparlamenten und Ortsbeiräten ausgelastet.
Unterstützung von oben
Dass Kathrin Anders ihren Posten aufgrund parteiinterner Differenzen räumte, halten ihre Parteifreunde indessen für ausgeschlossen. „Kathrin hatte inklusive ihrer Ortsbeirats-Funktion vier Aufgaben. Wenn man davon eine abgibt, kann ich das verstehen“, sagt Robert Hübner. Auch Marcus Stadler, Sprecher des grünen Wetterauer Kreisvorstands, kann verstehen, dass seine Parteifreundin ihr Amt niederlegte, ohne zuvor einen Nachfolger gefunden zu haben: „Ich ziehe meinen Hut vor der Arbeitsleistung dieser Frau“, sagt er.
Auf Freizeit müsse man verzichten können, wenn man sich in der Kommunalpolitik engagiere. Erst recht als Ortsverbandsvorsitzender im Speckgürtel Frankfurts. „Da kommen 20 Stunden pro Woche zusammen“, überschlägt Stadler den anfallenden Arbeitsaufwand. Die Kreisvorstands-Mitglied Antje Gesinn ist optimistisch, dass die Bad Vilbeler Grünen ihre Führungskrise zeitnah lösen können. Und falls nicht? „Rein theoretisch könnte der Kreis die Geschäfte des Ortsvereins übernehmen. Aber wenn sich niemand fände, würden wir uns zusammensetzen und eine Lösung auf kommunaler Ebene finden“, sagt Gesinn. (mov)
Die Kreismitgliederversammlung der Grünen mit Vorstandswahl findet am Sonntag, 14. September, 16 Uhr im Bürgerhaus Florstadt-Nieder-Mockstadt, Goldbachstraße 2, statt.