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Mit Shakespeare auf den Ohren durch abends durch den Park

Lichtinstallationen und viele eigens angefertigte Bauten machen neugierig auf einen besonderen Spaziergang.
Lichtinstallationen und viele eigens angefertigte Bauten machen neugierig auf einen besonderen Spaziergang.

Open-Air-Lesung im Burgpark mit überraschenden Sound- und Lichteffekten 

Bad Vilbel. Die Auswahl sei wichtig gewesen und dass sie mit aufgenommener Stimme gearbeitet hätten, sagt Sounddesignerin Louisa Beck. 30 Sonette, thematisch gruppiert, wurden mit vier Schauspielern für einen Audio-Walk eingesprochen. »Es gibt keine Live-Intervention. Es geht alles über Kopfhörer«, sagt Beck. Es geht um eine besondere Shakespeare-Inszenierung »Soll ich dich einem Sommertag vergleichen?« der Burgfestspiele im Park um die Wasserburg.
»In dem Projekt haben sich sämtliche Katastrophen in denen wir uns gerade bewegen gespiegelt«, sagt Theaterregisseurin Milena Wichert. Sie spricht von Chips, die für die GPS-Technologie nicht geliefert werden konnten, weil in China nicht produziert werden konnte während des ersten Lockdown und es noch immer zu Engpässen kommt. Lichtröhren könnten aktuell nicht ausgeliefert werden. LED-Lampen hätten nicht geliefert werden können.

Die toxische Vielfalt der Liebe
Als Shakespeare das erste Mal begonnen habe Gedichte zu schreiben, habe auch er zu Hause gesessen, weil aufgrund einer Pandemie die Theater geschlossen waren. Von diesen Gedichten ausgehend, seien später die Sonette entstanden, in denen es um toxische Liebe gehe und darum, wie Liebe in der Gesellschaft ausgelebt werden könne. Das Produktionsteam von »Soll ich dich einem Sommertag vergleichen?« arbeite im Kollektiv als Hella Lux und habe sich auf audiobasierte Hörerlebnisse mit GPS-getrackten Audiowalks spezialisiert, teils in Eigenproduktionen und für Institutionen.
Soundcollage selbst zusammenstellen

Für die Inszenierung im Bad Vilbeler Park spricht Wichert von 100 Scheinwerfern sowie eigens angefertigten Sonderbauten für die Bäume. Pünktlich zur Generalprobe zeigten sich neben den akribisch positionierten Scheinwerfern als zweite große Mitspieler die Mobiltelefone und Kopfhörer. »Jeder Besucher bekommt ein Audioset im Kartenbüro und geht auf eigenen Wegen durch den Park. Das Handy weiß durch die GPS-Lokalisierung wo sich jeder befindet. Sie können mit ihrer Bewegung durch den Park ihre eigene Soundcollage bauen«, sagt Wichert. Die GPS-Lokalisierung arbeite über Satelliten. Die Show beginne, wenn man auf den Startbutton des Mobiltelefons drücke. Jeder Einzelne bestimme die Länge seines Spazierganges.

Burgfestspiel-Intendant Claus-Günther Kunzmann erwähnt, dass die Idee aus dem Thema Shakespeare entstanden ist. Die Komödie »Was ihr wollt« stand auf dem Spielplan gewesen. Eine Ausstellung zu Shakespeare laufe in der Alten Mühle. »Das ist ein drittes Projekt. Es hätte mehr sein können, aber Corona hat uns ein bisschen die Luft zum Atmen genommen«, sagt er. Finanziert worden sei das Projekt vom Kulturfonds Frankfurt Rhein-Main, dem Förderverein und der Burg.

Nach dem Abholen der Audiosets und einer Einweisung im Kartenbüro beginnt die Erlebnistour im Park. Die beleuchteten Bäume sind die Wegweiser. Eine Lichtinstallation in Blau fällt auf.

Spaziergang wird zur Meditation
Plötzlich ertönte eine Stimme am Ohr. Ein Sonett ist zu hören, als stünde jemand neben einem. In der Ferne ist eine Gruppe illuminierter Bäume zu sehen sowie eine vielfarbige Lichtinstallation. »Ein weibliches Gesicht gab die Natur dir. Herr und Herrin meiner Leidenschaft«, flüstert eine Stimme. Der Spaziergang wird zur Meditation, untermalt von Licht und Tönen. Die sind laut, dann wieder leise und manchmal weg. Farben werden von gespenstischen Geräuschen gebrochen. Stimmen überlagern sich. Unerwartet schnell kommen Schritte näher, als kämen zwei Menschen von hinten angerannt. Eine Stimme spricht von rechts, die andere von links. Dann beide zusammen. »Du liebst nur die, die sehen und ich bin blind«.

Dann, kraftvolle Musik, als wäre der Baum im Vordergrund wütend darüber, dass man sich ihm genähert hat. Ein Flugzeug weit oben produziert seinen eigenen Sound. Dazwischen ein Sonett: »Für mich bist du das Urbild alles Schönen, mir war’s wie Winter, als wir uns nicht hatten. So war für mich all dies, nur wie dein Schatten«. Plötzlich ruft eine Stimme: »Hey du, komm mal her, setz dich auf die Bank«.

Überwältigend schöne Klang- und Lichtreise
»Es war eine wunderschöne Klangreise. Ich wusste nicht, auf was ich mich zuerst konzentrieren sollte. Auf das Licht, die Sinneseindrücke, die Sprache«, sagt Bettina Hoffmann. Und Alexandra Grünewald fand es überwältigend. »Das Zusammenspiel von Sonetten, Musik, Stimmsprache, teilweise wirr gesprochen, dann wieder sehr deutlich. Da möchte man zurück gehen und es ein zweites Mal hören«.

Noch bis zum 8. September können Besucher noch den Burgpark begehen. Jeder Besucher kann sich für den Audio-Walk zweieinhalb Stunden Zeit nehmen, von 21 Uhr bis 23.30 Uhr.

Tickets gibt es nur im Kartenbüro
Tickets für diesen abendlichen Spaziergang mit Shakespeares Sonetten im Ohr sind für 10 Euro ausschließlich im Kartenbüro, Klaus-Havenstein-Weg 1, Telefon (06101) 559455, erhältlich. Für den Kopfhörer ist bis zur Rückgabe ein Pfand zu hinterlassen.

Lichtinstallationen und viele eigens angefertigte Sonderbauten machen neugierig.

 

Dank ihrer Hilfe präsentieren die Burgfestspiele dieses Jahr eine außergewöhnliche Inszenierung im Park rund um die Wasserburg.