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Ohne Hindernisse

Hans-Joachim Prassel setzt sich für bessere Infrastuktur für Behinderte ein

Das Bürgerbüro soll ins Kurhaus, aber ein barrierefreier Zugang fehlt noch: Hans-Joachim-Prassel (SPD) macht sich für eine Rampe stark. Wegen des Denkmalschutzes und der Feuertreppe sei das schwierig, aber machbar. Foto: Schwarz
Das Bürgerbüro soll ins Kurhaus, aber ein barrierefreier Zugang fehlt noch: Hans-Joachim-Prassel (SPD) macht sich für eine Rampe stark. Wegen des Denkmalschutzes und der Feuertreppe sei das schwierig, aber machbar. Foto: Schwarz

Freier Zugang für jeden zu den Zügen an den Bahnhöfen, ins städtische Bürgerbüro, ins Schwimmbad – davon ist Bad Vilbel weit entfernt. Obwohl sich schon einiges getan hat, wie Rollstuhlfahrer Hans-Joachim Prassel den Verantwortlichen bescheinigt. Prassel möchte bei den derzeitigen Großprojekten der Quellenstadt aktiv mitreden – um Fehler und Ausgrenzung zu vermeiden. Und auch, um mittelfristig Geld zu sparen.

Bad Vilbel. Vor 31 Jahren hatte der Bad Vilbeler Hans-Joachim Prassel einen schweren Sportunfall. Seitdem sitzt der heute 58-Jährige im Rollstuhl. Und setzt sich für freie Zugänge ein. Nicht nur für Menschen mit Behinderung. Sondern auch für Senioren oder Eltern mit Kinderwagen. Der frühere SPD-Stadtverordnete leitet in Bad Vilbel zusammen mit Rolf Bender (CDU) den von ihm initierten Arbeitskreis „Barrierefreiheit“. Neben seiner beruflichen Tätigkeit als Personalrat beim Hessischen Rundfunk ist Prassel Lehrbeauftragter für Barrierefreies Bauen an der Fachhochschule Frankfurt.

Drei „Baustellen“

Aktuell hat er in Bad Vilbel drei Projekte im Blick: das geplante Bürgerbüro im Kurhaus, das geplante Kombibad nahe dem Schulzentrum und die beiden Bahnhöfe in der Kernstadt. Dort müsse Inklusion gelebt werden. Heißt konkret: Durch vorausschauende Planung soll unter anderem die Barrierefreiheit – also die Teilhabe für alle Menschen – erreicht werden. Damit zumindest alle öffentlichen Bereiche für jedermann und uneingeschränkt und ohne fremde Hilfe zugänglich sind.

Dahinter verbirgt sich die auch in Hessen gültige DIN 18040. Diese Norm umfasst Mindestanforderungen, Flächenbedarf und mehr. Die Umsetzung kann sehr unterschiedlich ausfallen.

Beispiel Kurhaus: Nach mehreren Gesprächen mit Kommunalpolitikern und dem Bauamt wird dort als Lösung kein Aufzug angepeilt, sondern eine Rampe. Auch wenn die wiederum Menschen mit Knieverletzungen nichts nutzt. „Ein Aufzug hätte mehr Nach- als Vorteile: Er würde zwar weniger Platz benötigen, wäre aber teurer als eine Rampe“, findet Prassel. Planerisch sei die Rampe am Kurhaus wegen der Denkmalschutzauflagen und der Feuertreppe allerdings nicht einfach. Vorbild könnte aber die Rampe an der Stadtschule sein.

Lob fürs Bauamt

Das städtische Bauamt sitzt derzeit an den Plänen. Denn im Herbst soll das Bürgerbüro eröffnet werden, wenn die übrige Stadtverwaltung ins Wüstenrot-Gebäude nach Dortelweil umzieht. Prassel lobt das Bauamt. „Die Zusammenarbeit ist immer sachlich und vertrauensvoll!“

Weiterhin zur Inklusion gehören für Prassel aber auch eine einfache Orientierung in den Gebäuden, zum Beispiel mit einer verständlichen Beschilderung oder Leitlinien für Sehbehinderte. Und ausreichend Platz zum Beispiel an den Servicetheken des Bürgerbüros für Menschen mit Rollator oder Kinderwagen.

Wesentlich diffuser als beim Kurhaus verhält es sich mit dem Kombibad. „Bislang habe ich nur Skizzen gesehen, aber keine Detailpläne“, stellt Prassel fest. Eine Einbindung in die Planung habe der zuständige Stadtrat Klaus Minkel (CDU) ihm noch im Februar 2014 bei der Besichtigung der Sinsheimer Badewelten versprochen, die vom selben Investor gebaut wurden wie das Bad Vilbeler Projekt.

„Mir geht es nicht um die Farbe der Fliesen. Sondern darum, dass das Bad komplett barrierefrei wird. Auch ich möchte die 25-Meter-Bahn und den Wellnessbereich nutzen können!“ In Sinsheim sei das ohne fremde Hilfe nicht möglich.

Aus Prassels Sicht müssten gemäß dem Inklusionsgedanken Beckenzugänge mit flachen Treppen und Handläufen auf beiden Seiten oder Hebeeinrichtungen vorhanden sein. Aber auch größere Umkleidekabinen und Toiletten gebaut werden. „Das betrifft ja nicht nur Menschen im Rollstuhl, sondern auch zum Beispiel korpulente Leute“, argumentiert er. „Im Nachhinein etwas zu ändern, ist immer die teurere Variante . . .“

„Er bekommt das alles zu sehen“, betont Stadtrat Minkel auf FNP-Nachfrage. Allerdings gebe es die Pläne für den Bauantrag bislang nur in einem Maßstab, auf dem keine Details erkennbar seien. „Das kommt aber mit den Bauausführungsplänen“, erklärt der Stadtrat. Die sollen noch dieses Jahr vorliegen.

Kante am Bahnsteig

Auch die angepeilte Umgestaltung des Südbahnhofs beschäftigt Prassel. Denn beim Sanieren des Nordbahnhofs habe es einen entscheidenden Fehler gegeben, den es nun zu vermeiden gelte: „Am Nordbahnhof komme ich zwar problemlos bis an die Gleise, aber nicht in den Zug – weil da eine hohe Kante zum Einstieg ist.“ Man müsse sich quasi erst beim Lokführer bemerkbar machen, damit eine Rampe vom Bahnsteig zur Zugtür gelegt wird.

Prassel hat eine Idee, wie all diese Anregungen und wichtigen Punkte in Bad Vilbel besser umgesetzt werden könnten: Wenn die Stadt einen eigenen Inklusionsbeauftragten hätte – der als feste Einrichtung direkt den Magistrat als Stadtregierung berät.

Nach der Kommunalwahl im kommenden März wäre dafür ein guter Zeitpunkt, findet Prassel. Er könnte sich gut auf dem ehrenamtlichen Posten vorstellen. „Wir müssen mehr Bewusstsein für Inklusion schaffen“, fordert Prassel. „Denn davon sind wir leider noch weit entfernt . . .“ (zlp)


Mehr Infos zu den gesetzlichen Vorgaben gibt es unter www.din18040.de im Internet.