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Potenzielle Spender gesucht

Der Vater des erkrankten Anis Mohamed Gannoukh (li) und sein Bruder Ayoub. Rechts meldet sich eine Dame zur Typisierung (blauer Anorak) Foto: Jürgen W. Niehoff
Der Vater des erkrankten Anis Mohamed Gannoukh (li) und sein Bruder Ayoub. Rechts meldet sich eine Dame zur Typisierung (blauer Anorak) Foto: Jürgen W. Niehoff

Niederdorfelden. Ob der Typisierungsaufruf nach einem geeigneten Knochenmark- oder Stammzellenspender für den vierjährigen Anis aus Niederdorfelden am Sonntag erfolgreich war, das werden erst die Laboruntersuchungen der abgegebenen Speichelproben zeigen.
Obwohl Anis Gannoukh erst vor wenigen Tagen vier Jahre geworden ist, hat er schon mehrere Dutzend Operationen erdulden müssen. Geboren mit einer verkürzten Speiseröhre, die zahlreiche Eingriffe erforderlich machte, haben die Ärzte vor kurzem auch noch eine lebensbedrohliche Bluterkrankung festgestellt, zu deren Beseitigung der kleine Anis dringend auf einen Knochenmark- oder Stammzellenspende angewiesen ist.
Diese Erkrankung ist kein Neuland in der Familie Gannoukh, wie der Vater Mohamed berichtet, denn bei seinem heute 17 Jahre alten Sohn Ayoub hatten die Ärzte dieselbe Blutkrankheit im Alter von 7 Jahren festgestellt. Ihm konnte damals aber einer seiner Geschwister helfen, der über dieselben Gewebemerkmale, die sogenannten HLA-Typen verfügte, wie der damals erkrankte Ayoub.
Die Spende verlief damals erfolgreich. »Mir geht es heute prächtig. Es gibt keinerlei Einschränkungen. Ich mache Sport und lebe ganz normal«, berichtet Ayoub im Dorfgemeinschaftshaus. In dessen großen Saal waren mehrere Tische aufgestellt, wo mögliche Spender auf dem am Eingang zugereichten Formularen eintragen und anschließend den Speichelabstrich selber durchführen konnten.
Nach zwei Stunden hatten sich bereits 70 Interessierte für eine Typisierung gemeldet. Aufgerufen zu dieser Aktion hatte die Deutsche Stammzellspenderdatei (DSSD), eine Organisation, die dem DRK Blutspendedienst Baden-Württemberg – Hessen untersteht.
»Wir hoffen, dass wir mit dem Aufruf zur notwendigen Typisierung hier vor Ort zumindest 100 Bürger finden. Schöner wären 200«, erklärt die Mitarbeiterin der Organisation Dr.Petra Becker. Das sei sicherlich keine große Zahl, aber sie fließe ein in eine große Kartei, in der bundes- und weltweit mögliche Stammzellspender registriert würden.
Menschenleben retten
Denn nur rund 30 Prozent der an Leukämie erkrankten Patienten finden den passenden Spender in der eigenen Familie. Und trotz der inzwischen rund 27 Millionen registrierten Stammzellenspender weltweit kann für jeden 10. Patienten noch immer kein geeigneter Stammzellenspender gefunden werden. Deshalb stand für diejenigen, die an diesem Tag an der Typisierung teilnahmen, das uneigennützige Retten von Menschenleben auch im Vordergrund.
Dabei ist die klassische Methode der Stammzelltransplantation, nämlich die Übertragung von rotem Knochenmark, das in der Regel aus dem Beckenkamm durch eine spezielle Nadel unter Vollnarkose entnommen wird, recht einfach. Trotzdem ist jeder medizinische Eingriff, also auch bei Stammzelltransplantation, für den Spender mit möglichen Risiken und Nebenwirkungen verbunden, die durch den invasiven Eingriff und die verabreichten Medikamente hervorgerufen werden können.
Allerdings wird die Stammzelltransplantation für den Spender von Medizinern als ein relativ risikoarmer Eingriff angesehen. Und deshalb werden als mögliche Nebenwirkungen für den Knochenmarkspender in der Regel nur leichte Schmerzen und Bewegungseinschränkungen ähnlich einem Muskelkater sowie Blutergüsse im Bereich der Einstichstellen angegeben. Letztere würden aber nach einigen Tagen wieder verschwinden.
Wenn es für den Spender so ungefährlich und es doch um das Retten von Menschenleben geht, warum melden sich dann so wenig? »Wir schätzen, dass es einfach an Information mangelt. Häufig wird im Zusammenhang mit einer Stammzelltransplantation der Begriff Knochenmark mit Rückenmark verwechselt. Dies ist jedoch falsch; bei einer Knochenmarkentnahme wird kein Eingriff an der Wirbelsäule vorgenommen«, stellt Becker klar. Einschränkungen der Empfindungsfähigkeit oder gar eine Querschnittslähmung seien daher grundsätzlich nicht zu befürchten.
Nach Auskunft der Ärzte hat der kleine Anis noch maximal ein halbes Jahr Zeit, einen geeigneten Spender zu finden, anderenfalls sei sein Leben nicht mehr zu retten. Deshalb ruft der verzweifelte Vater zu weiteren Typisierungen auf.
Interessenten können sich an die Deutsche Stammspendendatei wenden oder weitere Informationen über die E-Mail-Adresse info@stammzell-spenderdatei.de oder über Telefon 069 6782206 anfordern.