Am Aschermittwoch ist alles vorbei und die Passionszeit beginnt. 7 Wochen lang zählen wir dann bis Karfreitag und Ostern. Früher war die Passionszeit flächendeckend eine Fastenzeit, wobei immer ganz unterschiedlich streng gefastet wurde. In den evangelischen Kirchen stand dies lange Zeit im Hintergrund, bis vor mehreren Jahrzehnten die Aktion „7 Wochen ohne“ unerwarteten Erfolg hatte. Seither verzichten viele Menschen in diesen Wochen auf etwas, oft ein liebgewonnenes Laster. Alkohol, Süßigkeiten, Zigaretten stehen ganz oben auf der „Verzicht-Liste“. Aber auch so etwas wie „7 Wochen ohne Facebook“ nehmen sich manche vor. Menschen fasten längst nicht nur aus religiösen Gründen, aber alle setzen diese Wochen von der anderen Zeit des Jahres ab. Die Ev. Kirche begleitet diese Aktion mit einem Motto, das zum Nachdenken anregen soll.
Dieses Jahr hat das Motto mich wirklich überrascht: 7 Wochen ohne Vorsicht. Riskiert was!
Die einzelnen Wochen tragen Überschriften wie: „Mitgefühl riskieren – ohne Angst vor Umwegen“, „Begegnung riskieren – ohne Vorbehalte“, „Neues riskieren – ohne Blick zurück“, „Widerspruch riskieren – ohne Blatt vor dem Mund“, „Niederlagen riskieren – ohne schützende Rüstung“. Da fallen mir einige Situationen ein, in denen ich besser etwas hätte riskieren sollen.
Mal etwas Neues ausprobieren, ein offenes Wort wagen, einem möglichen Streit mal nicht aus dem Weg gehen, an einem Traum festhalten, auch wenn die Idee chancenlos scheint – darum geht es. Oft schweigen wir „um des lieben Friedens Willen?“, oder ehrlicherweise aus Feigheit? Wie oft sagen wir unsere Meinung nicht laut, weil ich hatte keine Lust auf einen Streit, der zu nichts führt. Andererseits: woher wollen wir das wissen, wenn wir es nicht versuchen? Wir riskieren oft etwas nicht, weil der Ausgang ungewiss ist und genau darum geht es: sich auf das Offene, Neue einzulassen. Auf neue Menschen zu zugehen, sich in neuen Tätigkeiten auszuprobieren, mal erleben wie es ist, wenn man aus altbekannten Mustern ausbricht – das kann schief gehen, aber es hat auch die Chance auf neues und sehr viel Lebendigkeit in sich. Die Bibel erzählt von vielen Menschen, die etwas riskiert haben und dabei heilvolles erlebt haben. Mut und die Bereitschaft, etwas zu riskieren gehören dazu. Für mich gehört das aber zum Leben dazu. Der dazu passende Bibelvers steht im Buch Josua 1,9: „Siehe ich habe dir geboten, dass du getrost und unverzagt seist“.
Also, wer nicht verzichten oder fasten mag, kann ja überlegen, was er 7 Wochen lang riskieren möchte.
Pfarrerin Ulrike Mey,
Ev. Christuskirchengemeinde