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Schnellbus ganz langsam

Der Schnellbus X97 des RMV fährt zwischen Bad Vilbel und Offenbach auch über die Unfallklinik Frankfurt. Foto: dpg
Der Schnellbus X97 des RMV fährt zwischen Bad Vilbel und Offenbach auch über die Unfallklinik Frankfurt. Foto: dpg

Bad Vilbel. Gerald Wollmann (50) blickt von seinem Roman auf. Der Bus der Linie X 97 rollt an die Haltestelle am Bad Vilbeler Bahnhof. Acht Minuten verspätet ist der, ein Unfall auf der Strecke war schuld. Nun soll es in nur 28 Minuten auf fast direkter Strecke nach Offenbach-Kaiserlei gehen. »Der Bus fährt mich direkt zur Arbeit«, freut sich der Pendler.
Wollmann nutzt den X 97 jeden Tag – statt der S-Bahn via Frankfurt samt Umsteigen. Das würde mindestens 40 Minuten dauern. Mit den Expressbussen will der RMV Fahrgästen auch dort schnelle Verbindungen bieten, wo Bahnstrecken fehlen. 2017 wurde dafür ein Netz im Umland geknüpft. Schnell geht es zum Beispiel mit der X 17 von Hofheim zum Flughafen oder der X 27 von Königstein nach Nidderau. In vielen Fällen aber wurden auch nur bestehende Linien auf eine X-Nummer umfirmiert. Viele Strecken haben auch recht kurze Haltestellenabstände.
So richtig schnell ist auch die Linie X 97 meist nicht unterwegs. In den ersten Monaten fuhr sie noch via B 3 und A 661. »Das war super, so schnell war ich noch nie im Büro«, erinnert sich Gerald Wollmann. Doch weil die Fahrgastzahl gering blieb, stellte der RMV die Streckenführung um – um auch das Fahrgastpotenzial im Süden Bad Vilbels zu erschließen, wie RMV-Sprecherin Vanessa Rehermann erklärt.
Fahrer Erkan Uslu lenkt nun den Iveco-Bus kurz vor halb neun über die alte B 3 durch Bad Vilbel. Der X 97 rollt sogar durch die Siedlung Heilsberg am Frankfurter Stadtrand. Diese Route beschert zwar mehr Passagiere. Die aber sitzen länger. Und sie hätten viele Alternativen: Nicht selten rollen bis zu vier Busse verschiedener Linien hier durch Bad Vilbel.
Im X 97 fahren jetzt etwas mehr Leute mit als anfangs. »Aber es könnten noch mehr sein«, findet Janine Drusche (33). Die Redakteurin fährt jeden Tag nach Offenbach ins Büro. Die Passagierzahl nehme langsam zu, freut sich Fahrer Uslu. Beschäftigte der Unfallklinik hätten die Express-Verbindung von und nach Offenbach inzwischen entdeckt.
Am Stau vorbei
Als die Skyline in Sicht kommt, setzt Erkan Uslu den Blinker nach links. Auf der Busspur der Friedberger Landstraße rauscht er am Stau vorbei. Der Zeitgewinn ist kurz danach aber schon wieder futsch: Statt einfach die Bushaltestelle Unfallklinik auf der Hauptstraße anzusteuern, muss der X 97 links abbiegen ins Klinik-Quartier, das zu Seckbach gehört, dort nach rechts fahren und durch die Bus-Wendeschleife. Die sei oft aber blockiert, sagt Fahrer Uslu. »Dann parkt hier die Linie 30 und der Fahrer hat Pause.« Mangels anderer Wendemöglichkeit muss der X 97 dann dahinter warten. Bis zu acht Minuten, sagt der Fahrer.
Ungeliebte Schleife
Warum die Schleife? Die Geradeaus-Route für den X 97 auf der Friedberger habe das Straßenverkehrsamt untersagt, erklärt der RMV. Dort kann Amtsleiter Gert Stahnke zwar ad hoc nichts zu den Gründen sagen, da er den Fall nicht kennt. Er kündigt aber an, die Geradeaus-Option zu prüfen: »Ich sehe keine Schwierigkeiten, diese Fahrbeziehung zuzulassen«. Wenn der X 97 von der Busspur aus über die Kreuzung auf die rechte Geradeausspur fahre, »habe ich kein Problem damit«. 250 Meter weiter muss der Bus zur A 661 nach rechts abbiegen. An jener Kreuzung gibt es bereits eine solche Verkehrsführung: für Busse der Linie 30 in der Gegenrichtung. Anfangs durfte auch der X 97 schon so zeitsparend fahren. Stahnke kündigt an: »Falls Änderungen an der Signalschaltung notwendig würden, könnte dies geschehen.«
Auf der A 661 rollt der Verkehr zäh. »Normal um diese Zeit«, sagt der Fahrer. Auch am Kaiserlei-Kreisel stockt es. »Wegen der Baustelle, das nervt sehr«, sagt Uslu. Viele Probleme muss der RMV unentwegt lösen. Die Expressbusse sieht er aber als Erfolgsgeschichte – mit werktäglich 20 000 Menschen auf 19 X-Linien.
Auf 13 Minuten ist die Verspätung geklettert, als Erkan Uslu am Kaiserlei die Türen öffnet. Gerald Wollmann steigt aus, läuft nun in drei Minuten an seinem Arbeitsplatz. Die überschaubare Zuverlässigkeit der X 97 sei »nicht so schlimm«, findet er. Meistens sei ja der A 661-Stau schuld, und dafür könne niemand etwas. »Ich habe vorher ja auch schon stundenlang auf die S 6 gewartet.