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Sie stechen die Flut aus-Für 570 000 Euro: Massenheimer Erlenbach wird renaturiert und erhält einen Hochwasserschutz

Bad Vilbel. Lange hat es gedauert, doch nun geht alles ganz schnell. Kaum hatte der Magistrat die Vergabe der Bauarbeiten an die Firma Zehe GmbH aus Burkardroth (Unterfranken) beschlossen, erfolgte am 22. Februar bereits der erste Spatenstich.

Der naturnahe Rückbau des Erlenbaches mit Hochwasserschutz hat den Massenheimer Ortsbeirat seit mehr als 20 Jahren beschäftigt, erinnerte Ehrenortsvorsteher Jörg Schatz (CDU). Zuletzt waren es die Jahrhunderthochwasser von 1995 und 2003, die Politiker und Ökologen zur Eile mahnten. Die jetzige Planung nahm im April 2006 bei einer Ortsbegehung Konturen an. Das Darmstädter Büro BGS Wasser untersuchte Hochwasserabflüsse, maß die Uferbereiche und entwarf neben Konzepten für besseren Wasserabfluss gemeinsam mit dem Gewässerökologen Gottfried Lehr Ideen zur Aufwertung der Erlenbachaue.

Das Gesamtkonzept wurde im Februar 2007 im Ortsbeirat vorgestellt und im Februar 2008 vom Regierungspräsidium (RP) genehmigt. Doch erst im August 2010 überbrachte Regierungspräsident Johannes Baron persönlich den Zuwendungsbescheid – und verblüffte die Antragsteller. Mit 375 110 Euro übernimmt das RP einen Großteil der auf 570 000 Euro kalkulierten Umgestaltung. Und zudem soll sie sofort in einem Zug erfolgen.

Umgestaltet wird jetzt der knapp zwei Kilometer lange Flusslauf zwischen der Brücke Am Unteren Steg und der Brücke an der Mühlstraße. Vom Unteren Steg ist links in Fließrichtung des Erlenbachs eine Aufweitung von zehn bis 15 Metern geplant, erläutert Harald Lütkenhaus-Kopp vom Regierungspräsidium Darmstadt. Strömungsberuhigte Zonen sollen sich dort abwechseln mit flachen, rasch überströmten Kiesbänken, wo eine turbulente Strömung herrscht. Unterhalb der Straße An den Banggärten wird der Bach Retentionsflächen erhalten, die Hochwasser auffangen sollen. Das dortige Biotop soll vertieft werden.

Der Spielplatz An den Banggärten bleibt unverändert und wird mit einem Wall gegen den aufgeweiteten Erlenbach geschützt. Allerdings wird der Fußweg verlegt, damit der Erlenbach mehr Platz bekommt. Am Unteren Steg soll ein Gewässererlebnisplatz mit Lehrbiotop entstehen. Auch neben der Friedhofsbrücke, an dem bereits in den 1990er-Jahren aufgeweiteten Erlenbach, soll ein Zugang entstehen. Bislang ist der Fluss weitgehend in einer in den Sechzigern angelegten Vertiefung hinter Bäumen versteckt. Einige davon werden im Zuge der Bauvorbereitung gefällt werden müssen.

Auf der gegenüberliegenden Bachseite, im Flusslauf rechts, wird der Bach zwischen der Friedhofsbrücke und der Mühlstraße ebenfalls um zehn bis 15 Meter aufgeweitet, erläutert Lütkenhaus-Kopp. Dort befindet sich auch eine Wiese, die jüngst für Kontroversen sorgte, weil dort ein mit Flusswasser gespeistes Biotop mit einer bis zu drei Meter tief ausgebaggerten Mulde entstehen sollte.

Die Feuerwehr fürchtete darauf um ihren Übungsplatz für den Nachwuchs und ihre Oldtimer-Ausstellung. Nun wurde ein Kompromiss gefunden. Das Biotop wird kleiner als noch in der vom RP genehmigten Planung. So bleibt weiter Platz für Wehr und Autos. Der bisherige Feuerwehrsteg wird durch eine um 40 bis 50 Zentimeter höhere Brücke ersetzt, die Hochwasser weniger Widerstand entgegenbringt. Im Langgartenweg zwischen Kleingartengelände und Wohnbebauung soll eine Winkelstützmauer ebenfalls vor Hochwasser schützen. Bürgermeister Thomas Stöhr (CDU) betonte, seitens der Kleingartenpächter habe es keine Einwände gegeben.

Durch die Maßnahmen soll der Wasserspiegel bei Hochwasser um 40 Zentimeter gesenkt werden. Der Fluss soll auch durch eine abgestufte und teilweise von Gebüsch und Bäumen freigelegte grüne Uferzone Ausweichmöglichkeiten erhalten. In einer zweiten Phase soll nach Angaben von Bauamtsleiter Erik Schächer zu einem späteren Zeitpunkt der Kleingärtenbereich unterhalb des Sportplatzes ebenfalls als Retentionsfläche ausgebaut werden.