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Tanne steht unter keinem guten Stern

Was macht der Sowjetstern an dem Weihnachtsbaum in Bad Vilbel?, fragt sich Zeitungsleser Klaus-Peter Knabe.

Bad Vilbel. Was Knabe an der Spitze des „schönen Christbaums“ am Südbahnhof-Kreisel entdeckte, erinnere ihn an das, was er 1959 zurückließ, als er von der DDR in die Brunnenstadt umsiedelte.

Auch seinen Bekannten, einen pensionierten leitenden Mitarbeiter der Stadtwerke, habe der Anblick befremdet, berichtet Knabe. Das sei „sicherlich nicht mit bösem Willen“ geschehen, mutmaßt er, „aber uns fiel das auf – das war wie eine Reise in die Vergangenheit“, erzählt Knabe. Der Stern, auch wenn er eher unscheinbar auf der Tanne steckt, sei für ihn „wie auf dem Roten Platz“ in Moskau.

„Es tut uns leid, wenn wir damit jemand verletzt haben“, sagt Stadt-Sprecher Bastian Zander. Der Stern habe jedenfalls „keinerlei politische Aussage, er soll nur zur festlichen Dekoration der Innenstadt beitragen“.

In Russland wurden nach der bolschewistischen Machtergreifung 1917 alle religiösen Riten und Bräuche aus dem gesellschaftlichen Leben verbannt. Erst 1935 wurde es in der Sowjetunion wieder erlaubt, auch Tannenbäume aufzustellen und zu schmücken, allerdings nicht zu Weihnachten, sondern zu Neujahr. Der Weihnachtsstern wurde durch den kommunistischen roten Stern ersetzt. Auf Silvester wurden damals auch vormals christliche Rituale übertragen: Dazu zählt das Beschenken und die Feier im Familienkreis. Am Neujahrstag entstanden auch weltliche Bräuche, wie der Besuch von Väterchen Frost und dem Schneemädchen. (dd)