Bad Vilbel. Nichts für zarte Gemüter ist die Tragikomödie „Indien“, die am Donnerstagabend vergangener Woche Premiere in der Alten Mühle feierte. Da geht es derb zu, Dinge werden beim Namen genannt. Tabu sind weder Intimbereich noch bürgerliches Anstandsempfinden. Auch sexistische Äußerungen feiern in Dialogen und Monologen Urstände.
Bei Gesprächen von Mann zu Mann werden Animositäten, Vorlieben und Ängste thematisiert, Frau und Freundin kritisiert und bloßgestellt. Da hilft es auch wenig, wenn Grobschnitt-Macho Heinz Bösel (Thomas Kornack) seinem Kollegen Kurt Fellner (Jens Wachholz) am nächsten Morgen versichert: „Was ich da gestern Abend erzählt habe über die Weiber, das war so eine besoffene Geschichte.“ In fast allen zehn Szenen klopft das Duo derbe und sexistische Sprüche. Sensibilität und Rücksichtnahme auf die Gefühle anderer ist nicht Sache der beiden. Heinz Bösel und Kurt Fellner sind Hotellerie- und Gastrotester. Sie reisen quer durch die Provinz, um die auf ihrer Liste stehenden Betriebe einer strengen Prüfung zu unterziehen.
Heinz Bösel testet nur Schnitzel und Beilagen wie Kartoffelsalat. Wartezeiten von 50 Minuten für ein Schnitzel „das ist doch Wahnsinn“ bringen den sonst eher stoisch wirkenden Tester in Rage. Das Urteil über ihre „Opfer“, drei Gastwirte, gespielt von Heinz Harth, ist eindeutig. „Die Wirte sind alle Trottel“, sagt Bösel. Und die tyrannisieren die Tester gern.
Mal mit Worten, mal mit Tritten. Kollege Fellner achtet auf Hygiene und die Einhaltung der Brand- und Sicherheitsvorschriften. Er reklamiert fehlende Geländer, defekte Duschen und nicht mit Klebeband fixierte Teppiche. Fellner hat eine Vorliebe für indische Kultur und Religion, rezitiert gern Gedichte und Sinnsprüche und gerät beim Blick in die Natur ins Schwärmen.
Indien ist für ihn ein Synonym für nicht gelebte Utopien und Sehnsüchte. Bösel liebt Frauen, Kartenspiele, pikante Details und alles was fettig ist. Die Treffen am Wirtshaustisch schwanken zwischen Feindschaft und Freundschaft. Brenzlige Situationen entschärft Kollege Heinz Harth als hessisch oder pfälzisch babbelnder Wirt. Mit der Zeit raufen sich die beiden unterschiedlichen Charaktere zusammen. Aus „Herr Fellner“ wird „Kurt“, aus „Herr Bösel“ wird „Heinzi“, aus Kollegen werden Freunde, die gegen ihre Einsamkeit ankämpfen.
Auf die Probe gestellt wird die Freundschaft der beiden, als Fellner an Krebs erkrankt und mit dem Tode ringt. Da kümmert sich Heinz aufmerksam um ihn. Witze reißend versucht das Duo mit dem Sterben umzugehen.