Bad Vilbel. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main hat die weiteren Ermittlungen im Fall des wegen Hygienemängeln geschlossenen Bad Vilbeler Kurhaus-Restaurants „Tafelfreuden“ übernommen. Das teilt Dr. Veronika Ibrahim, die stellvertretende Leiterin des Wetterauer Gesundheitsamtes, auf Anfrage mit. Ihre Behörde hatte die Vorermittlungen übernommen und die Erkenntnisse bei der Schließung einschließlich einer umfangreichen Foto-Dokumentation weitergereicht. Die beiden ehemaligen Betreiber müssen sich nun in einem Strafverfahren wegen des „vorsätzlichen In-Verkehr-Bringens von nicht zum Verzehr geeigneten Lebensmitteln“ verantworten. Bei der Schließung seien 200 Kilogramm Lebensmittel „weit über dem Mindesthaltbarkeitsdatum“ beschlagnahmt worden, darunter verschimmelte Speisen und grün angelaufenes Fleisch, so Ibrahim. Der für die Wetterauer Gesundheitsaufsicht zuständige Dezernent Ottmar Lich (FWG) sprach nach Durchsicht der Fotos auch von „Stracciatella-Mehl“ – Mehl mit Madenbefall.
Es sei davon auszugehen, dass diese Art Lebensmittel den Gästen vorgesetzt werden sollten oder gar wurden, urteilt Ibrahim. Diese Angelegenheit sei „schon sehr aus der Reihe fallend und außergewöhnlich in dem Ausmaß“, urteilt die oberste Lebensmittelkontrolleurin des Kreises – „noch dazu bei einem renommierten Restaurant.“
Hinzu komme, dass ein Mitarbeiter des Gesundheitsamtes drei Wochen vor der Schließung eine unangekündigte Kontrolle des Lokals vorgenommen habe. Wie sich später herausstellte, seien ihm dabei aber nicht alle Räumlichkeiten gezeigt worden. Diese Verletzung der Mitwirkungspflicht werde jetzt ebenfalls vor Gericht gebracht. Möglicherweise seien damals bereits abgelaufene Lebensmittel gelagert worden, vermutet Ibrahim. In jedem Falle müsse sich die Lage dann in den zwei Wochen vor der Schließung des Lokals am 23. September zugespitzt haben.
Die beiden ehemaligen „Tafelfreuden“-Betreiber haben sich zu den Vorwürfen noch nicht selbst geäußert. Einer habe über seinen Anwalt Kontakt aufgenommen, der andere wolle erst Akteneinsicht, berichtet Ibrahim. Deswegen müsse die Frankfurter Staatsanwaltschaft noch weitere Vernehmungen führen. Den Wirten droht bei einer Verurteilung eine Geldstrafe, die, so Ibrahim, im Ermessen des Gerichtes liege. Ab 90 Tagessätzen würden sie als vorbestraft gelten und einen Eintrag im Führungszeugnis erhalten. Ob sie weiter als Gastronomen tätig werden können, liege im Ermessen der für die Konzessionen zuständigen Kommune, so Ibrahim.
Wie gravierend der Fall „Tafelfreuden“ ist, zeigt auch der Umstand, dass das Gesundheitsamt im gesamten Wetteraukreis in den vergangenen Jahren nur zwei Strafverfahren führen musste – obwohl alle Lokale und Lebensmittel verarbeitenden oder anbietenden Betriebe regelmäßig halbjährlich geprüft werden. In einem Fall wurde ein weiterhin tätiger Bäcker verurteilt. Der andere Fall bezog sich auf den Vertrieb chinesischer Pilze als Heilmittel. (dd)