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Der „Blick von außen“

SPD-Bürgermeisterkandidatin Susanne Kassold will die Stadt sozial und grün entwickeln

Soll am 6. März nächsten Jahres bei der Direktwahl den Chefsessel im Karbener Rathaus für die Sozialdemokraten zurückgewinnen: Bürgermeisterkandidatin Susanne Kassold im Gespräch mit Parteichefin Christel Zobeley (links) und dem Fraktionsvorsitzenden Thomas Görlich. Foto: den
Soll am 6. März nächsten Jahres bei der Direktwahl den Chefsessel im Karbener Rathaus für die Sozialdemokraten zurückgewinnen: Bürgermeisterkandidatin Susanne Kassold im Gespräch mit Parteichefin Christel Zobeley (links) und dem Fraktionsvorsitzenden Thomas Görlich. Foto: den

Sie wolle „Karben weiterdenken“, sagt Susanne Kassold (53). Ihre Ideen für die Stadt stellt die SPD-Bürgermeisterkandidatin vor. Die Rechtspflegerin aus Frankfurt soll im März den Rathaus-Chefsessel für die Partei zurückerobern. Mit der Frau von außen hofft die SPD, einen unbelasteten Wahlkampf führen zu können.

Karben. Im kleinen Parteibüro im Groß-Karbener Ortskern sitzt Susanne Kassold in der Mitte. Eingerahmt von Parteivorsitzende Christel Zobeley und Fraktionschef Thomas Görlich. Damit wird unzweideutig klar: Die SPD-Frau aus Frankfurt ist Bürgermeister-Kandidatin der Karbener SPD.

Wenn die Bürger am 6. März an die Wahlurnen gehen, soll Kassold Amtsinhaber Guido Rahn (CDU) besiegen. Damit die Regentschaft der Schwarzen auf eine Amtsperiode beschränkt bleibt. Was ist ihr Vorteil gegenüber Rahn? „Mein Blick von außen“, findet Susanne Kassold. „Ich bewerte alle Stadtteile neutral“, niemand werde bevorzugt oder benachteiligt. Außerdem: Ihre Familienorientiertheit und dass sie thematisch breit aufgestellt sei, helfe ihr.

53 Jahre alt, zwei Söhne, als Diplom-Rechtspflegerin beim Amtsgericht Frankfurt tätig, sie wohnt im Stadtteil Kalbach. Wieso tritt sie in Karben an? Wie bei allen Parteien gebe es auch in der SPD einen Pool möglicher Kandidaten für solche Aufgaben, erklärt Thomas Görlich. Bei einem Treffen der Partei sei man aufeinander aufmerksam geworden, sagt Christel Zobeley.

Unbelastet

Da habe sich die Karbener SPD gerade entschieden, jemand Externes zur Wahl zu stellen. „Wir wollen den Wahlkampf nicht mit alten Grabenkämpfen belasten“, erklärt die Parteichefin. „Das wäre mit einem Kandidaten aus den eigenen Reihen geschehen.“ Thomas Görlich nickt. Diejenigen, die heute in Fraktion und Partei vorne stehen, waren es zum großen Teil schon in der Zeit bis zum Verlust der Mehrheit 2006.

Dass der erdrückende Schuldenberg der Stadt aus SPD-Regierungsjahren stammt, weidet der politische Gegner bis heute immer wieder aus. „Wir wissen aus vielen Gesprächen, dass das zu Überdrüssigkeit führt und Politikverdrossenheit“, kritisiert Zobeley. Doch warum steht kein von dieser Vergangenheit unbelasteter, junger Kandidat aus Karben bereit? „Wir finden es so ganz gut, eine externe Kandidatin zu haben“, weicht die Parteivorsitzende aus. Deren Vorteil: Sie kennt sich aus im Geschäft. Seit 1993 ist Kassold politisch aktiv, erst im Stadtparlament Frankfurt, seit 1997 im Ortsbeirat Kalbach. Ihr Programm für Karben, das der SPD-Vorstand in einer Klausursitzung mit ihr erarbeitete, umfasst vier Schwerpunkte. Die fallen nicht immer konkret aus.

Zum einen will sie im Sozialen etwa Kleinkind-Betreuungsplätze und Angebote für Zehn- bis 14-Jährige ausbauen. Was öffentliche Hand und Vereine für Kinder, Familien und Senioren bieten, möchte sie in einem Familienzentrum zusammenführen. Über ein Ärztehaus solle man „nachdenken“ und „nachfragen“, ob es Möglichkeiten gibt, Fachärzte dort anzusiedeln.

Um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, wolle sie Grundstücke unter sozialen Aspekten kostengünstiger vergeben. Firmen aus der Stadt sollten für ihre Mitarbeiter Wohnungsbau fördern. Zum Zweiten findet Susanne Kassold, die Stadt sei „prädestiniert, grün entwickelt zu werden“, und solle bald sogar eine Null-Emissionsstadt sein.

Zum Dritten will sie „Karben.Mobil“ machen – so der Wahlkampfslogan. Sie möchte die B 3-Planung wieder aufnehmen, um Staus zu verringern: Mit einer engen Ostumfahrung des Berufsbildungswerks und einer Streckenführung „parallel zur Bahn“. Man dürfe „die Tunnellösung nicht aus den Augen verlieren“. Die allerdings hatte der Bund schon vor Jahren als unbezahlbar ad acta gelegt – während sich die Anwohner gegen eine enge Umfahrung wehren.

Innerstädtisch und in die Nachbarstädte will die Kandidatin Fahrradspuren anlegen und einen Einheitstarif für Bus und S-Bahn in der ganzen Stadt einführen. Viertens will sie transparent arbeiten, einen Bürgerhaushalt aufstellen, Kinderbeauftragte einsetzen und die Einwohner beim Wohnungsbau „vorzeitig beteiligen“ und nicht bloß Projekte auswählen lassen.

Grundstücke verkaufen

Wie sie all das finanziert? „Über städtische Grundstücke“, die sie verkaufen möchte, und dank sprudelnder Gewerbesteuereinnahmen, sagt Susanne Kassold. Auch werde der Rettungsschirm „über kurz oder lang keine Rolle mehr spielen“. Unter den war die Stadt geschlüpft: Im Gegenzug fürs Versprechen, eisern zu sparen, übernahm das Land einen Teil der alten Schulden. Seien die Spar-Vorgaben erfüllt, „sind Verschiebungen möglich“, sagt Kassold. Auch beinhalteten ihre Ideen ja „keine exorbitanten Kosten“.

Die Sitzordnung im SPD-Büro ist in diesem Moment hilfreich. Thomas Görlich kann soufflierend beispringen und das Thema wechseln. Wichtig sei, sagt er, frühzeitig den Ausbau des Hortangebots zu planen. „Das kriegen sie nicht mit einem Fingerschnipp hin.“

Nicht nur am Tisch sind Partei und Kandidatin eng beisammen. Seit einigen Wochen ist die Kandidatin mit Parteioffiziellen bei diversen Anlässen unterwegs. Info-Veranstaltungen und Gespräche mit Vereinen sollen folgen.

Dabei werde sie stets begleitet „mit unseren Leuten aus den Stadtteilen“, sagt Christel Zobeley. Denn selbstverständlich unterstützt auch die alte SPD die neue Kandidatin. (den)