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Mehr Leben auf dem Friedhof – Das Akkordeonorchester spielte gefühlvolle und melodische Musik über Liebe und Erinnerung

Bad Vilbel. Einen Leuchtturm bemalen, essen, Kaffee trinken, sich über Blumensträuße freuen, miteinander lachen – das passt eigentlich nicht auf einen Friedhof. Am vergangenen Sonntag aber war alles anders. Ungezwungen konnten sich Besucher über alles informieren, was mit Tod, Trauer, Bestattung und Grabpflege zusammenhängt. Den Friedhof mal von einer anderen Seite kennen zu lernen, forderte die Leiterin der Friedhofsverwaltung, Susanne Förster, die Gäste auf. „Es ist wichtig, diesen Ort mit Leben zu füllen“, sagte sie.

Bürgermeister Thomas Stöhr (CDU) nannte den Friedhof „einen wichtigen kulturellen Ort, an dem sich Menschen begegnen, den die Hinterbliebenen brauchen, um einen geliebten Menschen auch nach dessen Tod zu besuchen, in Gedanken bei ihm zu sein und sich zu sammeln“.

Gerade für junge Leute und Kinder sei es bedeutsam, auf Fragen über Trauer und den Tod ehrliche Antworten zu erhalten, so Stöhr. In einer besonderen Aktion bemalten Kinder einen Leuchtturm, der als Symbol dafür, dass Tote in der Erinnerung weiter leben, in der Kindergräber-Abteilung seinen festen Platz finden soll. „Je bunter er wird, umso schöner“, sagte Förster.

Mit gefühlvoller und betont melodischer Musik über Liebe und Erinnerung eröffnete das Akkordeonorchester die Veranstaltung. Gleich zog es zahlreiche Gäste zu den bunt bemalten Särgen von Ingrid Strohkark und Nicole Sofie Wächtler im Zelt des Kunstvereins.

„Tolle Idee“, meinten die einen, andere konnten sich „nicht vorstellen, da drin zu liegen“, die nächsten fanden es „einfach krass“. Dabei ist Strohkarks Efeuranke ein uraltes Symbol für ewige Liebe und Treue. Wächtlers kunterbunter „Lebensweg“ irritierte noch mehr. Sie berichtete von einer Beerdigung, bei der die Trauergäste den Sarg bemalten. „Das ist noch mehr auf den Toten bezogen und hilft Hinterbliebenen, den Verlust zu verarbeiten.“

Im Oktober finden mehrere Veranstaltungen des Vilbeler Kunstvereins und der Hospizgruppe der Nachbarschaftshilfe zum Thema Trauer statt. Dabei sollen Teilnehmer eines Workshops unter anderem auch ein Grabmal gestalten.

Die Hospizgruppe begleite nicht nur Menschen beim Sterben, sondern unterstütze auch Angehörige schwer kranker Menschen, erklärte Brigitte Mauersberg am Infostand des Vereins. Hildegard Birck-Keil betreut Kranke aus Bad Vilbel im Palliativkrankenhaus, das im November in Frankfurts zweites Hospiz umgewandelt wird.

Die Friedhofsgärtnereien spendierten Blumensträuße und baten im Gegenzug um eine Spende für die Vilbeler Tafel.

Frank Bleckwehl gestaltete mit Thomas Meusert die Komplettgräber für bis zu vier Urnen, seine Azubis bepflanzten Schaugräber. „Gräber können auch anders aussehen“, sagte er und zeigte, wie es mit einfachen Mitteln geht. Besucher staunten, wie flexibel Grabpflegearbeiten vergeben werden können – bereits zu Lebzeiten. Carolins Blumengalerie hatte die Trauerhalle gestaltet. Es gab Vorträge, Führungen und einen Abschlussgottesdienst mit Pfarrerin Ulrike Mey.