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Ruck gegen Rechtsextremismus – Marburger Hochschullehrer nannte bei „Politischem Advent“ der SPD erschreckende Zahlen

Bad Vilbel. „Seit Beginn der 90er Jahre entwickelt der Rechtsextremismus in Deutschland mit erschreckender Dynamik eine qualitativ neue Dimension, die weit in die politische Mitte hineinreicht“, stellte Professor Benno Hafeneger vor etwa 30 Zuhörern im Awo-Café fest. Der Marburger Hochschullehrer nannte beim „Politischen Advent“ der SPD erschreckende Zahlen: Bei 28 Prozent der Deutschen erkenne die Friedrich-Ebert-Stiftung eine fremdenfeindliche Orientierung, andere wissenschaftliche Untersuchungen gingen sogar von 48 Prozent aus, in Thüringen nennt die vor zwei Wochen veröffentlichte Befragung „Monitor“ sogar 50 bis 60 Prozent. 20 000 rechtsextremistisch motivierte Straftaten, davon über 1000 Gewalttaten zähle man allein in diesem Jahr. Dies stelle eine „bisher nicht gekannte Gefahr für die Demokratie“ dar.

Hafeneger sieht einen Zusammenhang mit der deutschen Einheit. Existenz- und Ausgrenzungsängste, die durch gleichzeitig in Gang gesetzte Globalisierungs-, Spaltungs- und Desintegrationsprozesse besonders im Osten geschürt würden, böten dem Rechtsextremismus neue „Andockmöglichkeiten“. Wie in anderen modernen Industriegesellschaften gebe es auch in Deutschland einen rechten und linken Rand von jeweils etwa fünf bis zehn Prozent. Seit Beginn der 90er Jahre verwischten die Konturen. Fast alle Wähler rechtsextremer Parteien ordneten sich selbst in der politischen Mitte ein. Das Organisationslager mit vielen Kleingruppen der NPD habe sich als Zentrum verjüngt und modernisiert. „Mit einem Durchschnittsalter ihrer Mitglieder von 38 Jahren ist die NPD die jüngste Partei in Deutschland“, stellte der Professor fest.

Einem Parteiverbot vorzuziehen sei der Meinungskampf der demokratischen Parteien mit guten Argumenten und die Entlarvung der Rechten, so Hafeneger. Ein guter Bildungsstand sowie Demokratie- und Partizipationserfahrungen in der Jugend bewahrten vor der Neigung zum Rechtsextremismus.