Karben. Zwei Überraschungen birgt Karbens neue Stadtregierung: Der langjährige Regierungskritiker Michael Ottens (FW) wechselt auf die Regierungsbank. Und die Grünen entsenden eine politisch unbeschriebene Parteilose als Stadträtin.
Ja, er habe lange überlegt, gibt Michael Ottens zu. 14 Jahre lang wirkte er als Stadtverordneter für die Freien Wähler, kreidete wieder und wieder Fehler der roten und rot-grünen Regierungen an. Seit einem Jahr aber regieren CDU und FW im Magistrat. Und Michael Ottens wechselt vom Fraktionsvorsitz auf die Regierungsbank. Allerdings mag er sich nicht auf die Rolle des kritischen Begleiters reduzieren lassen. „Da werde ich vielleicht zu einseitig gesehen.“ Die operative Verantwortung schätze er ebenso und habe diese jahrelang in seinem Beruf als Bankmanager auch ausgefüllt. Doch Ottens räumt ein: „Ich werde nun zwangsläufig eine andere Rolle haben.“ Er wolle zeigen, dass die Freien Wähler nicht nur kritisieren, sondern auch etwas bewegen könnten.
Will Bürgermeister Guido Rahn (CDU) etwa einen scharfen Kritiker in die Magistratsdisziplin einbinden? „Nein, er ist ein sehr konstruktiver Geist“, widerspricht Rahn. „Michael Ottens ist ein kritischer Geist, der sehr genau kontrolliert. Solche guten Leute brauchen wir.“
Drei weitere neue Gesichter hat der neue Magistrat. So soll nicht nur Michael Ottens die Rolle mit dem bisherigen Vizebürgermeister Gerd Hermanns tauschen, der nun die FW-Fraktion führen soll. Die übrigens ist gegenüber dem Wählervotum gänzlich ausgetauscht, nachdem Bodo und auch Laura Macho ihre Mandate aufgrund beruflicher Belastung nicht annahmen – zumal Bodo Macho im Rendeler Ortsbeirat und Laura Macho als Vizefraktionschef der Kreistags-FW agiert. Bei der CDU folgt Philipp von Leonhardi auf Gerhard Cornelius, der aus Altersgründen nicht wieder Stadtrat werden wollte. Von Leonhardi soll für Kultur und Integration zuständig sein, kündigt Bürgermeister Rahn an. Michael Ottens soll von Cornelius die Zuständigkeit für die Stadtwerke erhalten.
Ob und, falls ja, welches Aufgabengebiet der designierte SPD-Stadtrat Mathias Flor übernehmen will und wird, sei bislang nicht besprochen, berichten Flor und Rahn unisono. „Wir können aber gut miteinander arbeiten“, hofft Flor auf ein gutes Verhältnis in der bürgerlich dominierten Stadtregierung.
Ebenso unklar ist die Rolle, die die von den Grünen entsandte Tina Rodriguez als Stadträtin spielen soll. Die Betriebswirtin (36) wohnt in Rendel und ist kommunalpolitisch bisher nicht in Erscheinung getreten. „Sie ist bisher noch kein Parteimitglied“, erklärt Grünen-Chef Gerrit Rippen. Doch wolle die Parteilose grüne Ziele wie die Vereinbarkeit von Wirtschaft und Umwelt sowie die Familienfreundlichkeit Karbens voranbringen.
„Ich bin gespannt darauf, Frau Rodriguez kennen zu lernen“, sagt Bürgermeister Rahn. „Mal schauen, wo wir sie einsetzen können.“
Verzichten muss Rodriguez bei ihrer Wahl allerdings auf die angebotene Leihstimme der CDU/FW/FDP-Koalition. Die Grünen lehnten deren Angebot ab, im Gegenzug den CDU-Kandidaten für die Ortsvorsteherposten in Groß-Karben, Okarben und Petterweil zu wählen. „Damit entfällt auch unser Angebot“, sagt CDU-Fraktionschef Mario Beck.
Daher haben sich die Grünen mit der SPD auf eine gemeinsame Stadtratsliste geeinigt. Zusammen können sie zwei Regierungsposten bekommen – für Flor und Rodriguez. Die Koalition hat eine bequeme Mehrheit, um die anderen vier Stadtratsposten zu erhalten. (den)