Karben. Verkehrsminister, Justizminister, Umweltministerin, Finanzminister und Ministerpräsident: Einen nicht unerheblichen Teil des Landeskabinetts haben die Politiker aus Karben in den vergangenen Wochen um Unterstützung gebeten. Dieser Druck nach Wiesbaden hat offenbar gewirkt: Am Mittwoch der Vorwoche kündigte Verkehrsminister Posch überraschend einen Sofortvollzug für den Bau der Nordumgehung an.
Er sehe „gute Chancen, schon im kommenden Jahr mit dem Bau zu beginnen“, sagt der Minister. „Um den Sofortvollzug anordnen zu können“, sei aber noch die Finanzierung zu klären. Die ist prinzipiell schon gelöst: Mit großer Mehrheit hatte das Stadtparlament dem Land das angeboten. Minister Posch nimmt das nun dankend an, denn erst 2015 habe das Land das Geld für das 15-Millionen-Euro-Projekt verfügbar. Deshalb sagt er die Rückzahlung der vorfinanzierten Gelder ab 2015 zu.
„Das ist ein super Ergebnis“, findet Bürgermeister Guido Rahn (CDU). Über Details will er in Kürze mit Posch verhandeln. Posch aber will erst eine Neuplanung im Bereich des Berufsbildungswerks Südhessen (BBW) abwarten: Dort solle eine Fußgängerfurt ergänzt und geprüft werden, ob die Ausbildungseinrichtung mehr Lärmschutz erhalten könne, erklärt der Minister. Beides gehöre zum Ergebnis einer Mediation.
Mit ihrem Drängen auf einen schnellen Baubeginn, findet Rahn, stelle sich die Stadt nicht gegen die Anwohner im Norden von Groß-Karben. „Es geht ihnen doch um Lärmschutz.“ Den hätten sie, ebenso wie das BBW, auch mit einer Klage erreichen können, die den Bau nicht aufgeschoben hätte. Die Kommune aber müsse auch an jene Einwohner denken, „die schon heute viel stärker belastet“ seien, sagt Rahn. „Es kann nicht sein, dass einige wenige ein Projekt verhindern, das die Entwicklung der Stadt um Jahrzehnte zurückwirft.“
Dieser Argumentation schließt sich nun auch offenkundig das Wiesbadener Verkehrsministerium an. Denn es hat seine Sicht auf die Klage der Anwohner geändert. Wurde diese bislang als Grund genannt, mit dem Baubeginn zu warten, sagt Minister-Sprecher Wolfgang Harms nun das Gegenteil: „Wir sind nicht der Ansicht, dass sie den Bau aufschiebt.“ Konkret prüfe das Haus derzeit, ob der Bauablauf so gestaltet werden könne, dass zunächst an anderer Stelle begonnen wird.
Auf eine solche Lösung setzt auch Bürgermeister Rahn. Denn selbst wenn nächstes Jahr mit dem Bau offiziell begonnen werden könne, dauerten die Vorarbeiten und Detailplanungen voraussichtlich ein Jahr. Anschließend müssten die Brücken über Bahn und Nidda gebaut werden, die wiederum eine gewisse Standzeit benötigen, bevor der Streckenbau über 3,2 Kilometer begonnen werden könne. Also erst einmal Brücken bauen? „Ja“, bestätigt Minister-Sprecher Harms, „an irgendeiner Stelle muss man ja anfangen.“ (den)