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Alkohol am Steuer? Aber Frau Bischöfin… – Das Wort zum Sonntag

1,54 Promille – das ist richtig viel. Auf jeden Fall viel zu viel zum Autofahren, wirklich: viel zu viel. Diese Woche ging es durch die Nachrichten, dass Bischöfin Margot Käßmann trotzdem Auto gefahren ist und ihr dann eine überfahrene rote Ampel zum Verhängnis wurde. In einer ersten Reaktion zeigte sie sich entsetzt über sich selbst und sagte darüber hinaus erst einmal alle öffentlichen Termine ab.

Beides ist eine angemessene Reaktion. Erschrocken waren und sind ganz gewiss viele Mitchristen: Wie kann das einer kirchlichen Führungspersönlichkeit passieren angesichts des bekannten Alkoholproblems in unserer Gesellschaft? Die Faschingstage liegen gerade hinter uns und wir haben bei Erwachsenen und Jugendlichen erneut erlebt, wie ungehemmt teilweise Alkohol getrunken wird. Über die „Konfirmandenrundgänge“ mit jeder Menge Alkohol habe ich an dieser Stelle bereits einmal geschrieben. Aber es ist wirklich kein reines Jugendproblem, wie sich spätestens beim gesellschaftliche legitimierten Besäufnis am „Vaddertag“ wieder zeigen wird. Alkohol ist eines der größten gesellschaftlichen Probleme der Gegenwart – und dann so etwas, Frau Käßmann?

Es ist gut, dass sie sich erst einmal zurückzieht. Rückzug und Besinnung sind angebracht. Auch die gegenwärtige Fastenzeit (!) kann dazu ein Anlass sein. Besinnung auf die eigene Lebensführung und auf die Vorbildfunktion für andere. Und dann?

Dann gilt für Frau Käßmann dasselbe wie für jeden von uns: Da sind als erstes die Rechtsorgane unseres Staates, die der Sache nachgehen werden. Dann ist da die Frage der eigenen Lebensführung in der Zukunft: Frau Käßmann wird, wie jeder von uns auch, zukünftig erneut Fehler machen. Dies liegt in der Natur des Menschen. Aber sie wird sich – hoffentlich! – nach der gegenwärtigen Besinnung auf ein paar andere Verhaltensmuster selbst verpflichten. Alkohol am Steuer geht eben gar nicht!

Dann aber sind auch wir alle mit im Boot: Alkohol am Steuer geht auch für uns gar nicht. Und auch für mich darf das berühmte „eine Gläschen Wein“ keine Ausrede sein – und auch nicht für Sie. Wenn es uns um die Sache geht und nicht um billige Hetze, dann müssen für uns dieselben moralischen Kriterien gelten wie für die Bischöfin.

Und mit noch einem sind wir alle mit im Boot: Wie auch wir von anderen nach Fehlern und Vergehen eine Ent-Schuldigung erbitten, so sind wir – immer neu – aufgerufen, dies anderen zu gewähren. Das gilt auch gegenüber den Leitungspersönlichkeiten in Kirche und Gesellschaft – ganz gleich, um welchen Lebensbereich es geht.

Pfr. Klaus Neumeier,

Ev. Christuskirchengemeinde