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Anzeige aus Liebe & Angst um ihren Mann

Bad Vilbel. Solch einen Fall ehelicher Fürsorge hatten Richter und Staatsanwalt noch nicht erlebt. Eine Bad Vilbeler Ehefrau, die die Alkohol-Eskapaden ihres Ehemannes (60) einfach nicht mehr ertragen wollte, rief eines Tages einfach die Polizei an, als der Vermögensberater wieder einmal bereits am Mittag sturzbetrunken mit dem Auto vorfuhr. „Mein Mann ist total betrunken und randaliert im Vorgarten“, hörten die Beamten ungläubig am anderen Ende der Leitung. Sie fanden den Mann schließlich schlafend im Bett vor. Der Auspuff des in Schräglage vor dem Haus geparkten Wagens war noch warm. Nachdem der Mann geweckt war, kam er mit aufs Polizeirevier, wo eine Blutentnahme den stattlichen Wert von 2,51 Promille erbrachte. Vom Amtsgericht wurde er daraufhin zu 6400 Euro Geldstrafe (80 Tagessätze zu je 80 Euro) und Führerscheinentzug verurteilt.

Doch der Bad Vilbeler zeigte keine Reue und reagierte nicht auf die Vorhaltungen seiner Ehefrau, wonach sie um ihn große Angst habe, wenn er betrunken fahre. Stattdessen zog er vors Landgericht in zweiter Instanz, wo er seine eigene Geschichte auftischte: Er sei an jenem Vormittag im Mai vergangenen Jahres völlig nüchtern mit dem Auto nach Hause gekommen und habe dann quasi einen Sturztrunk mit zwölf kleinen Fläschchen Jägermeister unternommen. Warum dann aber die Frau die Polizei angerufen und die Geschichte vom betrunkenen Autofahrer erzählt haben sollte, wusste der Mann nicht. Ein Sachverständiger bestätigte der Kleinen Strafkammer dann auch die medizinische Erkenntnis, dass sich selbst der geübteste Trinker nicht in einer Stunde von Null auf 2,5 Promille „herauftrinken“ könne.

Nachdem Staatsanwalt Radke in seinem Plädoyer mächtig gepoltert hatte („Sie sind betrunken Auto gefahren, und Ihnen gehört deshalb der Lappen weg, bevor Sie das erste Kind totfahren!“), verwarf Berufungsrichter Kornelius Michalke das Rechtsmittel und beließ es bei der erstinstanzlichen Verurteilung.

Auf seinen Führerschein wird der uneinsichtige Promillefahrer bis auf Weiteres verzichten müssen. Gemeinsam fuhren beide Eheleute wieder nach Hause. Der Staatsanwalt hatte der Frau vorher ein Kompliment gemacht: „So viel Zivilcourage habe ich noch nicht erlebt, das ist absolut lobenswert“. (ge)