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Auf dem Töpfermarkt des Lebens – Das Wort zum Sonntag

Markt im Kannenbäckerland, Westerwald. Ich schlendere, wo die Händler ihre Tische aufgebaut haben. Teller, Tassen, Kannen und Krüge, Vasen – so weit das Auge reicht. Alles strahlt in schönsten Farben. Jeder Stand hat seine eigene Note: Hier ein kräftiges Blau, dort erdige, dunkle Töne, dazwischen Lifestyle-Keramik mit modernstem Touch. Was sich alles aus Lehm machen lässt! Und das Beste: Kein Stück gleicht dem andern, alles Unikate. Es ist zwar hie und da leicht krumm, aber doch rundherum gelungen – Handarbeit eben.

Wie bei den Menschen, denke ich. Die sind auch alle einmalig, obwohl es so viele sind. Keinen gibt es zweimal. Manche stechen mir sofort in die Augen, auch wenn sie Ecken und Kanten oder ihre Macken haben – vielleicht gerade deswegen. Obwohl sie nicht perfekt sind, sind sie doch irgendwie in sich rund – einfach gelungen, egal in welcher Farbe sie schillern und welche Form sie haben. Vielleicht hatten die Autoren der Bibel das im Sinn, als sie die Erschaffung des Menschen durch Gott mit dem Töpfern verglichen. „Da formte Gott, der Herr, den Menschen aus Erde vom Ackerboden“. Wie ein Töpfer. Der Mensch entsteht in Gottes Händen. Sie halten ihn und berühren ihn achtsam, bis er eine schöne Gestalt gewinnt. Doch das ist nur die eine Hälfte der Erschaffung des Menschen. „Da formte Gott, der Herr, den Menschen aus Erde vom Ackerboden und blies in seine Nase den Lebensatem. So wurde der Mensch zu einem lebendigen Wesen.“ (1. Mose 2,7). Eine faszinierende Vorstellung. Gott bläst dem Menschen den Lebensatem in die Nase. Das heißt: Gott und Mensch kommen sich ganz nah, auf Augenhöhe. Der aus Erde genommene Mensch – ein Partner Gottes. Unser Atem erinnert uns daran. –

Die Bibel macht kein Geheimnis daraus, dass das alles schnell in die Brüche gehen kann. Der Mensch kann aus dieser Augenhöhe mit Gott tief hinunterfallen. Das Buch Genesis (=1. Buch Mose) fängt diese Szenerie ein mit der Erzählung vom sogenannten „Sündenfall“. Die innige Beziehung des Menschen zu Gott zerbricht, weil der Mensch sein will wie Gott.

Wie zerbrechlich Menschen doch sind! Ein einziger Absturz kann genügen, der Aufprall kann so arg sein, dass es aus ist mit der Schönheit. In den seltensten Fällen kann man noch etwas kitten. Auch wenn sie sich hart geben – sie sind doch sehr zerbrechlich. Besonders wenn man sie fallen lässt. Wie die Tassen auf dem Töpfermarkt.

Einen schönen Spaziergang über den Töpfermarkt Ihres Lebens wünscht Ihnen, Ihr Pfarrer

Werner Krieg, Massenheim