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Aus für Segmüller? – Regionalversammlung votiert gegen die Ansiedlung des Möbelhauses in Bad Vilbel – Vertreter aus der Wetterau dafür

Kein Votum für das Möbelhaus Segmüller in Bad Vilbel: Die Mehrheit der Regionalversammlung entschied gegen die Pläne der Möbelhauskette und auch der Stadt Bad Vilbel.

Bad Vilbel. Im Streit um den geplanten Bau des rund 45000 Quadratmeter großen Möbelhauses Segmüller in Bad Vilbel hat die Regionalversammlung ein klares Votum gegeben. Bei nur 15 Ja-Stimmen, darunter die fünf Vertreter des Wetteraukreises, nämlich Landrat Joachim Arnold, Rouven Kötter (beide SPD), Guido Rahn und Alfons Götz (beide CDU) und Bernd Witzel (FWG) sowie die gesamte FDP-Fraktion, sprachen sich die übrigen 81 Mitglieder der Regionalversammlung Südhessen gegen das rund 120-Millionen-Euro-Projekt im Quellenpark am Rande Bad Vilbels aus. Für sie war der Erhalt der innerstädtischen Struktur in den kleinen und mittleren Städten der Region entscheidend.

„Uns geht es nicht um 800 oder 3000 Quadratmeter Verkaufsfläche in irgendeinem Möbelhaus. Und auch nicht um die Behinderung eines Unternehmens bei der Standortsuche oder der Untersagung eines Grundstückverkaufs einer Kommune. Sondern uns geht es um die Wahrung des Einzelhandelskonzeptes“, argumentierte die Grünen-Sprecherin Marianne Streicher-Enkhoff aus Darmstadt. Es könne im Falle Bad Vilbel keine Ausnahme gemacht werden. Denn dann wäre das Einzelhandelskonzept nicht mehr haltbar. Weil dann jede Gemeinde eine Ausnahme für sich einfordern würde.

Ähnlich argumentierte für den größeren Teil der CDU-Fraktion auch Jürgen Banzer (Hochtaunuskreis). Es gehe nicht darum, den Einzelhandel vor zusätzlicher Konkurrenz zu schützen, sondern es gehe um den Erhalt der Innenstadtstruktur in den Städten. Damit meinte Banzer vor allem Bad Homburg. Oberbürgermeister Michael Korwisi (Die Grünen) hatte sich in der Vergangenheit besonders laut zu Wort gemeldet und ein Ausbluten seiner Innenstadt befürchtet, sollte Segmüller in Bad Vilbel bauen.

Dagegen wandte sich vor allem der Wetterauer Landrat, der dieses Argument nun gar nicht gelten lassen wollte. „Hier wird doch offensichtlich mit zweierlei Maß gemessen. Als Ikea direkt vor den Toren Bad Homburgs baute, hat sich keiner aufgeregt und das Sterben der dortigen Innenstadt vorausgesagt“, bemängelte Arnold.

Nun, im Falle Bad Vilbels, das doch wesentlich weiter von Bad Homburg entfernt liege, soll plötzlich die Innenstadt Bad Homburgs in Gefahr sein. Der Vergleichvorschlag des Verwaltungsgerichts Gießen im Streit Bad Vilbel gegen das Land Hessen habe gezeigt, dass das Einzelhandelskonzept, auf das sich die Gegner der Segmüller-Ansiedlung in Bad Vilbel stützten, überholt sei. Arnold riet, den Vergleich, 3000 Quadratmeter für Nebensortimente zu genehmigen, anzunehmen und das Einzelhandelskonzept anzupassen. Maßstab für eine solche Anpassung könne beispielsweise das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster sein, in dem über die Ansiedlung eines Segmüller-Möbelhauses in Pulheim bei Köln vor kurzem entschieden wurde.

Das stellt auf das Abwägen des Einzelfalls ab – weil mit Pauschalen als Messlatte, wie dies nach dem Einzelhandelskonzept des Regionalverbandes mit der Obergrenze von 800 Quadratmeter Fläche für innenstadtrelevante Produkte noch geschieht, gegen geltendes Recht verstoße. Ähnlich argumentierte für die SPD auch Planungsverbandsdirektor Ludger Stüve, wobei er sich jedoch gegen die Annahme des Vergleichs aussprach. Trotzdem muss auch nach seiner Ansicht das Einzelhandelskonzept überarbeitet und dabei auf „belastbaren Rahmendaten aufgebaut werden“. Bad Vilbels Erster Stadtrat Jörg Frank (CDU) war nicht überrascht: „Hier wurde nicht mehr sachlich diskutiert, denn die Beispiele der Erweiterungsbauten von Ikea in Hanau und Niedereschbach haben gezeigt, dass es auch anders geht“, so Frank.

600 Arbeitsplätze weg

Er schließt sich der Argumentation des Wetterauer Landrates Joachim Arnold (SPD) an. In Bad Vilbel gehe es um Wirtschaftsförderung, um die Ansiedlung eines Unternehmens, das 600 Arbeitsplätze schafft und beispielsweise 400 ehemals beim pleitegegangenen Friedberger Kaufhaus Joh Beschäftigten wieder eine Arbeitsstelle biete. Für ihn basiert das Einzelhandelskonzept auf einem Gutachten aus dem Jahr 2006. Und das sei längst überholt. Nun müssen sich wohl wieder die Gießener Verwaltungsrichter mit dem Fall befassen.