Veröffentlicht am

Ausgegrenzt – Mit Gelenkblockierern Treppen und andere Barrieren überwinden

Bad Vilbel. Es hatte nichts mit seiner Knieoperation zu tun, dass Bürgermeister Dr. Thomas Stöhr (CDU) im Rollstuhl über eine Rampe fuhr. Am „Tag der Barrierefreiheit“ war er als Schirmherr einer der Ersten, die Probleme von Menschen mit Einschränkungen am eigenen Leib erfahren wollten. SPD-Vorsitzender Udo Landgrebe ließ sich seines rechten Armes „berauben“, sein Parteifreund Klaus Arabin suchte mit dunkler Brille und Blindenstock seinen Weg. Komplett in funktionsbehindernde Handicap-Simulatoren ließ sich Stadtverordneter Rolf Bender (CDU) einpacken. Mit schweren Gewichten und Gelenkblockierern versuchte er, eine Treppe zu erklimmen.

Eva-Maria Ulmer, Professorin am Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit der Fachhochschule Frankfurt, hatte mit ihren Studenten vom interdisziplinären Masterstudiengang „Barrierefreie Systeme (Basys)“ die Utensilien mit zum Zentralparkplatz gebracht. „Wir sind mit dem Tag der Barrierefreiheit bewusst zum Samstag-Vormittag-Trubel mitten in die Stadt gegangen, damit alle Bürger die Möglichkeit haben, sich nicht nur zu informieren, sondern auch aktiv mitzumachen“, erklärte der Bürgermeister.

Die Fortbewegung mit dem Rolli über eine Rampe mit sechs und acht Prozent Steigung, durch einen engen Hindernisparcours oder das Gehen mit Gelenkversteifungen, Gesichtsfeldeinschränkungen oder Gewichten war für die meisten, die sich darauf einließen, anstrengender als erwartet.

Die beteiligten Organisationen machte deutlich, dass Barrierefreiheit kein Minderheiten-Thema ist. Jeder kann plötzlich durch Unfall oder Krankheit eingeschränkt sein, stellte Stöhr fest. Deshalb sei Barrierefreiheit nicht nur ein Thema bei öffentlichen Gebäuden, sondern auch beim Einkaufen oder beim Besuch von Restaurants. Er verwies auf das vor kurzem verabschiedete Leitbild der Stadt. Dort heißt es, unerreichbare Orte stellten „nicht nur eine faktische Ausgrenzung“ dar, sondern bedeuteten auch „den Verlust von Teilen der Kundschaft“ und „eine Reduzierung des Interessentenkreises, verbunden mit einer Umsatzreduzierung“.

Aus Sicht des Stadtverordneten Hajo Prassel (SPD), selbst Rollstuhlfahrer, ist die Erstellung und Veröffentlichung einer „Positivliste“ mit vorhandenen barrierefreien Angeboten in der Innenstadt besonders dringlich. (bep)