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Bahnhof zu haben

Lange als Schandfleck beklagt, scheint es für das alte Bahnhofsgebäude am Bad Vilbeler Nordbahnhof doch noch Hoffnung zu geben. Die Bahn bestätigt, dass ihre Verkaufsverhandlungen in der heißen Phase sind. Das freut auch die Stadt, denn das gesamte Areal soll bald neu gestaltet werden.

Bad Vilbel. Der ockerfarbene Putz blättert ab, Büsche ranken sich an der Rückseite hoch, an einer Ecke riecht es nach Pissoir. Drinnen aber sieht es aufgeräumt aus, lediglich eine Wartebank und die Öffnungszeiten des einstigen Bahnschalters sind noch zu erkennen. Eine Schönheit ist es nicht, das Bahnhofsgebäude am Nordbahnhof. Doch bald soll dort neues Leben einkehren.

„Zurzeit befinden wir uns in abschließenden Verkaufsverhandlungen mit einem potenziellen Erwerber für das Empfangsgebäude Bad Vilbel“, erklärt Bahn-Pressesprecher Torsten A. Sälinger auf Anfrage. Die Immobilie stamme aus dem Baujahr 1907 und stehe insgesamt unter Denkmalschutz. Das Gebäude befinde sich „in einem guten, sanierungsbedürftigen Zustand“. Gemäß dem aktuellem Bebauungsplan sei für die Immobilie zukünftig nur eine gewerbliche Nutzung vorgesehen. Dafür gebe es vonseiten der Bahn keine Auflagen.

Damit scheint der Dornröschenschlaf des Gebäudes bald beendet. Schon lange war der Schalter geschlossen, auch ein Kiosk konnte sich nicht halten. Mit der Eröffnung der neuen Fußgängerunterführung war auch der Durchgang zum alten Tunnel überflüssig geworden und zugeschüttet worden, das Gebäude abgesperrt.

Doch schon zuvor sprang die Stadt Bad Vilbel immer wieder ein, um das Entree der Stadt einigermaßen präsentabel zu halten. Es gab Säuberungsaktionen in der alten Unterführung und das Aufhängen von Kunstbildern (Graffiti-Arbeiten zu den Burgfestspielen), erinnert Stadt-Sprecher Bastian Zander.

Die Stadt habe sich außerdem beim Planfeststellungsverfahren für das dritte und vierte S-Bahngleis von Frankfurt nach Bad Vilbel bereits für das Baurecht für eine neue moderne Unterführung eingesetzt. Auch als die Bahn später wieder einen Rückzieher machen wollte, habe sich Bürgermeister Thomas Stöhr (CDU) „intensiv dafür stark gemacht, dass man die neue Unterführung baut, und zwar durch die Stadt auf dem Bahngelände“.

Es wurde ein spezieller Vertrag geschlossen, „was sehr ungewöhnlich war, dass die Stadt auf fremden Grund und Boden Bauherr ist“, so Zander. So hätten noch erhebliche Fördergelder realisiert und die Unterführung deutlich früher fertiggestellt werden können. „Die Bahn hätte bis heute noch nicht hiermit angefangen.“

Ausverkauf der Bahn

Das habe Auswirkungen auf das Gebäude. Ohne die neue Unterführung sei es faktisch nicht verwertbar gewesen, so Zander, „denn die Unterführung und der Ausgangsbereich auf den Bahnhofsvorplatz nahmen die wesentlichen Teile des Gebäudes in Anspruch. Hierfür hätte es nie einen Käufer gegeben und angesichts der bekannten Gebäudepflege der Bahn wäre dieser ,Schandfleck’ noch weiter heruntergekommen.“ Stöhr habe anlässlich des Spatenstichs, der ersten Teilfreigabe und der endgültigen Übergabe der neuen Unterführung auf eine Lösung für das Bahnhofsgebäude gedrängt. Druck sei, so Zander, auch mit der Hessentagsbewerbung und dem Bebauungsplan „Bahnhofsvorplatz“ gemacht worden. Zudem habe es in den vergangenen Tagen auch einen Durchbruch beim Ankauf der in Bahneigentum stehenden Flächen der Dieselstraße gegeben.

Der Bestand hessischer Bahnhöfe schrumpfte in den vergangenen Jahren rapide von mehr als 220 auf 83. 2012 bot die Bahn zwölf zum Verkauf an, von Elz bis Seligenstadt. Gegenwärtig jedoch listet die Bahn-Tochter DB Services Immobilien im Internet fünf hessische Bahnhöfe zum Verkauf auf, vom Bahnhof in Flieden für 135000 Euro bis „zum einmaligen Sonderpreis“ für den denkmalgeschützten Bahnhof in Neustadt, Baujahr 1858. Auch jeweils ein Grundstück „mit Wohnbaupotenzial“ ist dabei, und zwar in Nidderau-Ostheim und in Nidderau-Heldenbergen. .