Veröffentlicht am

Biber an der Nidda – Auch wenn Nager Bäume fällen, schaden sie nicht der Natur, sondern nutzen ihr

Frische, ballaststoffreiche Ernährung kann gerade in der kalten Jahreszeit nicht schaden. Das weiß auch der Biber. Und freut sich auf herzhafte Baumrinden – bevorzugt von Weiden und Erlen. Die stehen gerade am Niddaknie hinter Dortelweil auf dem Speiseplan der seltenen Nager.

Bad Vilbel. Ein Drahtzaun umgrenzt die renaturierte Flussstrecke zwischen Dortelweil und Karben. Die Natur soll dort zur Ruhe kommen. Ungestört etwa von streunenden Hunden, erläutert der Gewässer-Ökologe Gottfried Lehr, während er den Zaun an einer Stelle einen Spalt öffnet. Dahinter sind dichte Sträucher, die aber begehbar sind.

Schon von weitem sieht man das Werk der Biber. Ein riesiger Haufen Sträucher, Äste und Baumstämme ist im Rund zusammengetragen worden: die Biberburg. Für die Tiere kein Problem. Mit rund einem Meter Länge und 30 Kilo Masse ist der Eurasiatische Biber (Castor fiber) nämlich das größte europäische Nagetier.

Unweit von dieser Stelle fällt der Blick auf zahlreiche Baumstämme, die feinsäuberlich, wie ein gespitzter Bleistift, abgenagt worden sind – und umknickten. Offensichtlich habe sich an dieser Stelle eine Biber-Familie fest etabliert, meint Lehr. Wahrscheinlich seien es Eltern und ein Jungtier. Er zeigt auf die Bissstellen im Holz, an denen deutlich die Spuren großer Zähne erkennbar sind.

Nachts aktiv

„Die Natur holt sich ihr Terrain zurück“, freut sich Lehr. Gesehen hat er die nachtaktiven Tiere zwar noch nicht selbst. Aber die Spuren sind unverkennbar. Nicht nur bei Dortelweil, sondern überall dort, wo die Nidda renaturiert worden ist. Biberspuren seien schon gesichtet worden bei Dauernheim in der Nachtweid, an der Horloffmündung bei Florstadt, an der Renaturierungsstrecke bei Ilbenstadt, im Bruch von Heegheim und am Burgwald bei Karben. Bald werde der Biber auch in Bonames auftauchen oder am Erlenbach, glaubt der Ökologe. Weil es an der Nidda fast keine Bäume mehr gebe, werde der Restbestand zwar schon durch die Biber beeinträchtigt, so Lehr. „Aber die Natur regeneriert sich auch schnell wieder!“ Meist treiben die Weichholzarten wie Weide oder Erle rasch wieder aus. Auf diese Weise verjüngt der Biber den Baumbestand. Zudem steht er selbst unter Naturschutz. Und er hat entlang der Nidda keine natürlichen Feinde: Weder Bären noch Wölfe oder Füchse kommen ihm dort in die Quere.

Das einzige, was Lehr stört, sind die uneinsichtigen Hundebesitzer, die ihre Tiere „mitten in die Pampa“ laufen lassen. Im Frühjahr, zur Brutzeit, habe er am Scharmühlgraben gleich fünf, sechs Hunde herumtoben sehen. Um die Natur zu schützen, ist jetzt der Zaun gezogen worden. Schon in drei Jahren seien aber die Sträucher und Gehölze entlang des Ufers so dicht gewachsen, dass der Zaun überflüssig werde. In den nächsten Jahren soll die Nidda flussabwärts bis zum Gronauerhof mit Bäumen zuwachsen, um die Lebensbedingungen des Bibers zu verbessern, meint Lehr.

Außer dem Biber tummelt sich in der kalten Nidda derzeit noch der Schneider, eine seltene Fischart, erläutert der Gewässerexperte. Auch Eisvögel wurden schon gesichtet.

Oft werden die Biber jedoch verwechselt. Denn ihn trifft man tagsüber gar nicht an. Erkennbar ist er an seinem breiten, abgeplatteten und mit lederartiger Haut bedeckten Schwanz, der Kelle. Sie dient ihm als Steuer beim Abtauchen, zur Temperaturregulation und als Fettdepot. Die Biberratte – auch Nutria genannt – hat einen runden, schuppenbedeckten und kaum behaarten Schwanz, der sich deutlich von dem des Bibers unterscheidet. Und dann gibt es noch die wesentlich kleinere Bisamratte, die zur Gattung der Wühlmäuse gehört. Der Schwanz ist fast nackt und seitlich abgeplattet. Die Bisamratte hat an den hinteren Pfoten keine Schwimmhäute.

Weitere Informationen im Internet unter www.biber-hessen.de