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China-Coup gescheitert

Der Traum von einem europäischen Handelszentrum der Chinesen und einer 700-Millionen-Investition ist geplatzt. Der Kaufvertrag mit dem chinesischen Investor Changqing Lu wurde aufgehoben. Auch nach einer Fristverlängerung konnte der Kaufpreis von 45 Millionen Euro nicht überwiesen werden. Statt weiterer Großprojekte setzt die Stadt nun auf Wohnungsbau und Ansiedlung kleinerer und mittlerer Gewerbebetriebe.

Bad Vilbel. Er habe mit Investor Changqing Lu bis in die vergangenen Tage hinein Kontakt gehalten, erläutert Klaus Minkel, der als Geschäftsführer des Stadtwerke-Eigenbetriebs Immobilien die Kaufverhandlungen leitete. Obwohl das Interesse auf chinesischer Seite ungebrochen vorhanden sei, werde der Vertrag „einvernehmlich aufgehoben“. Eine erste Zahlungsfrist hatte der chinesische Investor bereits im September verstreichen lassen. Kurz zuvor erklärte die Stadt, das Vorhaben sei geplatzt. Doch nur wenige Tage später wurde als letzte Frist das Jahresende angepeilt – mit der Hälfte der ursprünglichen Grundstücksfläche. Zuletzt ging es noch um ein Areal von 270 000 Quadratmetern.

Nicht konvertierbar

Das Scheitern sei darauf zurückzuführen, „dass innerhalb der Zahlungsfrist die Kaufpreissumme nicht in Euro konvertierbar ist“. Die chinesische Seite würde wieder als Bieter auftreten wollen, sobald das Devisenproblem gelöst sei, deutet Minkel an. Die chinesische Währung, der Renminbi Yuan, ist zwar stark. Kaufkraftbereinigt stellt sie derzeit 14 Prozent der Weltwirtschaftsleistung, so viel wie die Eurozone.

Doch das China-Geld ist nicht frei verfügbar. Dass das zu Schwierigkeiten führt, bestätigt auf Anfrage auch der Währungsexperte Björn Block von der Hamburger Privatbank Marcard, Stein & Co.: „Die chinesischen Behörden haben das Recht, jeden größeren Kapitaltransfer zu verweigern. Wer genau, ist uns nicht bekannt. Es sind aber vermutlich Personen aus dem Umkreis der Zentralbank, aber auch direkt politische Funktionäre.“

Sich abzusichern, „ist vermutlich schwierig. Man kann nur eine Entschädigung von dem Investor in den Vorvertrag festschreiben für den Fall, dass das Geschäft daran scheitert.“ Wann die Konvertibilität der chinesischen Währung komme, „ist nicht bekannt“, so Block weiter: „Trotz diverser Fortschritte denken wir, dass die späteren Termine wahrscheinlicher sind, da die Einführung der vollständigen Konvertibilität in der aktuellen wirtschaftlichen Phase, die von einem stärker binnenwirtschaftlich orientiertem Wachstum geprägt ist, sehr riskant erscheint. Denn viele Chinesen warten nur auf Anlagemöglichkeiten im Ausland, da sie im Inland bei Spareinlagen reale Verluste erleiden. Die folgende Kapitalflucht könnte zu einem Risiko für China werden.“

Klaus Minkel sieht im geplatzten China-Projekt auch Vorteile: „Der chinesische Vertragspartner hat sich genauso ehrenvoll verhalten wie eine der reichsten deutschen Familien, die Familie Oetker, die im Falle Radeberger die Stadt nicht auf ihren Kosten sitzen ließ.“ Die Chinesen hätten „mit einem sechsstelligen Betrag die angefallenen Kosten der Verwaltung als auch die Reisekosten restlos übernommen“, teilt Bürgermeister Thomas Stöhr (CDU) mit. Die Vertragsaufhebung sei „eine klare und konsequente Linie, die wir bereits auch beim Fristablauf zur Vertragsannahme im Herbst eingeschlagen haben. Wir werden nun mit anderen potenziellen Käufern die Verhandlungen über die Grundstücke aufnehmen und sind optimistisch für 2014 und für 2015 einen guten Haushalt für die Quellenstadt vorlegen zu können.“ Das Chinaprojekt habe „zu einer ungeahnten Publizität zugunsten des Standorts Bad Vilbel und der extrem guten Erschließung des Quellenparks geführt“, ergänzt Minkel.

Verkauf von Flächen

Es gebe zahlreicheInteressenten für Gewerbe, auch für Wohnungsbau. Statt nur auf Großprojekte zu setzen, sollen nun auch kleinere Grundstücksteile veräußert werden. Es sei „aber ein tödlicher Fehler, die Chinesen zu unterschätzen. Von ihrem Fleiß, Ehrgeiz und Sparsamkeit können wir lernen, bald auch von deren Erfindungsgabe.“