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Cogito ergo sum

„Ich denke, also bin ich.“ Oder anders herum: Wenn ich nicht denke, bin ich nicht. Der berühmte französische Philosoph und Naturwissenschaftler René Descartes stellte diesen berühmten Satz auf. Er trifft in die Mitte der zurückliegenden Fastenaktion „Selber denken – sieben Wochen ohne falsche Gewissheiten“. Vor gut einem Monat wurde mit dem Ostermorgen diese selbst auferlegte Begrenzung beendet. Jetzt dürfen wir das Denken wieder anderen überlassen.

Descartes ging es Anfang des 17. Jahrhunderts darum festzulegen, was wir uns eigentlich gewiss sein können. Was ist unumstößlich? Und dann kam ihm die Erkenntnis: Wenn ich denke, abwäge zwischen Gut und Böse, wenn ich Pläne schmiede, wenn ich meine Vergangenheit reflektiere und beurteile, ja dann ist dies ein unumstößliches Indiz dafür, dass ich selbst existiere, dass ich eine Persönlichkeit bin.

Im Sinne der zurückliegenden Fastenaktion gedacht, heißt das: Umso weniger ich selbst denke und umso mehr ich Analysen und Beurteilungen anderen überlasse, umso weniger bin ich noch ich selbst. Der Finger ist in die Wunde gelegt: Überprüfen wir unser Leben, wo wir uns immer mehr auf Wahrheiten verlassen, die wir nicht mehr hinterfragen. Das kindlich bohrende „Warum?“ hat schon bei vielen aufgehört. Im Stress haben sie keine Zeit mehr oder es ist einfach bequemer, sich auf die Wahrheiten anderer zu verlassen … um den Preis, das eigene Ich zu verlieren.

Der Irak-Krieg war so ein Beispiel. Erst Jahre danach gab die US-Regierung zu, dass sie sich getäuscht und es auch schon lange gewusst habe, dass Saddam Hussein keine Massenvernichtungswaffen besitze. Und was sind die Wahrheiten und Feindbilder, die wir im Konflikt in der Ukraine hinnehmen? Oder in Fukushima, wo täglich immer noch tausende Liter radioaktiv verseuchtes Wasser in den Ozean fließen?
„Ich aber sage euch“ hinterfragt Jesus die zehn Gebote und bringt uns alle ins Schwitzen, damit wir anfangen selbst zu denken.
Nun denn: frisch, fromm, fröhlich und selbst gedacht in die neue Woche!

Herzlichst Ihr
Pfarrer Eckart Dautenheimer,
Burg-Gräfenrode und Okarben