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Das Flüster-Lieschen

Verwechselbar, aber flüsterleise: Neue Loks vom Typ Bombardier Traxx ziehen jetzt die Niddertalbahn-Doppelstockzüge, hier am Abend in Bad Vilbel. Foto: den
Verwechselbar, aber flüsterleise: Neue Loks vom Typ Bombardier Traxx ziehen jetzt die Niddertalbahn-Doppelstockzüge, hier am Abend in Bad Vilbel. Foto: den

Zeitenwechsel auf der Niddertalbahn: Dort sind seit Mitte Dezember neue Lokomotiven unterwegs. Dass es kaum jemand merkt, ist kein Wunder: Sie sind viel, viel leiser als die alten Dieselrösser. Das ist nicht nur für die Fahrgäste gut, sondern auch für die Anwohner der Strecke.

Bad Vilbel / Schöneck / Niederdorfelden. Offiziell heißt sie „Baureihe 245“. Das ist aber wohl auch das einzige besondere Merkmal der nagelneuen Lokomotive. Bahnfans mögen es schmähen, doch gaben keine ästhetischen Gründe den Ausschlag, die alten Dieselloks auf der Niddertalbahn durch neue zu ersetzen. Sondern die Lautstärke.

Seit dem 17. Dezember sind die neuen Dieselloks im Einsatz auf der Strecke von Bad Vilbel über Niederdorfelden, Schöneck, Nidderau und Altenstadt nach Glauburg. Damit ist die Ära der Dieselrösser der Baureihe 218 auf der Stecke des Stockheimer Lieschens vorbei. Markant waren die Loks, die seit 40 Jahren unterwegs sind, nicht nur durch ihre Form, sondern durch ihren „Sound“: Beim Beschleunigen schallte der Lärm ihres über 2000 PS starken Dieselmotors durch die Luftklappen nach außen – und in Gärten und Schlafzimmer der Anwohner.

Für sie wurde das 2008 zum Problem, als der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) und die Anrainerkommunen das Zugangebot auf der Strecke um 75 Prozent ausweiteten. Plötzlich röhrten die Dieselrösser jede Stunde und auch spätabends und selbst am Wochenende ständig durchs Niddertal.

Anwohner fanden sich in einer Bürgerinitiative „Umweltschutz Niddertal“ zusammen. Die Politik machte Druck. Per Ausschreibung setzte der RMV durch, dass die Bahn seit 2012 die meisten Fahrten mit viel leiseren Triebwagen vom Typ Desiro macht. Geblieben waren die 218er-Loks am Morgen auf einer Fahrt nach Bad Vilbel und zurück nach Glauburg sowie auf je zwei Fahrten morgens nach Frankfurt und abends eine in der Gegenrichtung.

Zusätzlich waren die 218er den je zwei Zügen je Richtung der Strecke Frankfurt-Nidda via Bad Vilbel vorgespannt. Für diese Pendlerverbindungen reicht die Kapazität von Triebwagen nicht aus. Schließlich verkehren bis zu fünf Doppelstockwagen mit über 450 Fahrgästen.

Statt der alten ziehen oder schieben nun die neuen Loks diese Doppelstockzüge. Zwar hatte die Bahn die Umstellung lange angekündigt. Dass nun passend zum Fahrplanwechsel alle Loks auf einmal ausgetauscht wurden, kam aber überraschend.

Deutlich emissionsärmer und leiser seien die neuen Loks, erläutert Bahnsprecher Bischoff. Sie haben zwar sogar mit 3062 PS erheblich mehr Leistung. Doch verfügen sie über vier Motoren statt nur einem. „Die je nach gefordertem Leistungsbedarf hinzu- oder abgeschaltet werden können.“ Das spart zugleich Kraftstoff.

Das kann man hören: Beim Abfahren setzt die Lok mit einer so geringen Lautstärke den Zug in Bewegung, dass sie ein Rasenmäher auf dem Nachbargrundstück übertönt.

Als Finale der großen Lieschen-Wiedergeburt dürfen sich die Fahrgäste auch noch auf renovierte Doppelstockwagen freuen: Sie werden „redesigned“, erklärt Bahn-Sprecher Thomas Bischoff, erhalten also unter anderem Klimaanlagen und Steckdosen an den Sitzplätzen. Das alles soll „nach aktuellem Stand gegen Ende 2015“ erledigt sein. (den)