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Der erste Schultag

Für fast 100 Kinder im Alter von fünf bis sechs Jahren hat am Mittwoch (nach Redaktionsschluss) der Ernst des Lebens begonnen – genauer gesagt, mit dem ersten Schultag. Wir haben uns bei zwei von diesen Kindern und ihren Familien in Dortelweil im Vorfeld des Schulstartes mal umgehört.

Bad Vilbel. Stolz präsentiert der sechsjährige Roman sein nagelneues Schülermäppchen: Die Stifte sind in Reih und Glied aufgestellt und selbstverständlich fein angespitzt. „Dahinter ist das Lineal und der Radiergummi, natürlich auch mit dem Lego-Zeichen“, sagt Roman. Er hat sich einen Tornister von Lego gewünscht, und seine Mutter Regina, Marktforscherin bei einem Pharma-Unternehmen, hat ihm natürlich so einen schönen Schulranzen besorgt. Und auch die Schultüte ist Tage vor Schulbeginn fertig und gefüllt. Blondschopf Roman nickt überzeugend, als ihn der Reporter fragt, ob er sich auf die Schule freut. Knapp vier Jahre im Kindergarten sind auch genug, findet seine Mutter: „Man hat jetzt gemerkt, dass er sich etwas Neues herbeisehnt.“

So ähnlich ergeht es auch der sechsjährigen Julia, die im Haus gegenüber, im Dortelweiler Franz-Schubert-Weg wohnt. „Ich freue mich auf die Schule, besonders aufs Rechnen und die Hausaufgaben“, wirft sie dem etwas irritierten Zuhörer entgegen. Kein Wunder: Sie hat auch schon zwei Jahre zu Hause Anschauungsunterricht bei ihrer älteren Schwester Hannah nehmen können, die jetzt in die dritte Klasse der Regenbogenschule kommt. Julia wusste schon genau Bescheid, was am Mittwoch auf sie zukommen sollte: „Meine Klassenlehrerin ist Frau Haupt-Jehner und unsere Klasse ist die Rabenklasse.“ In der Regenbogenschule werden die ersten Klassen mit Tiernamen versehen, weil sich die Kinder das meist besser merken können als a, b oder c. Julia weiß auch schon, dass sie mit ihrem Kindergartenfreund Jonas zusammen in eine Klasse kommen wird.

Lampenfieber verspürt die ABC-Schützin aber nicht die Bohne. Sie wirkt entspannt und ausgeglichen, wenn sie vom Schulanfang spricht. Dagegen räumt ihre Mutter Gine, selbst eine studierte Pädagogin, ein, dass bei ihr die Aufregung vor Schulbeginn gestiegen ist. „Aber wir haben doch schon Übung mit Hannah“, entgegnet ihr Ehemann Ralf, der als Chefvolkswirt bei der IHK Frankfurt arbeitet. Vor allem für seine Frau bedeutet die Einschulung des zweiten Kindes deutlich „mehr Arbeit“, wie die teilzeitbeschäftigte wissenschaftliche Mitarbeiterin der Uni Marburg zugibt. Schließlich kümmert sie sich neben den beiden Töchtern noch um den dreijährigen Sohn Justus, der zurzeit die Kita Wirbelwind besucht. „Ich bin froh, dass wir einen Platz in der Schülerbetreuung bekommen haben und so die Kinder bis 13.30 Uhr versorgt sind“, sagt die Mutter ganz offen. Am Nachmittag ist für sie bei drei Kindern ohnehin „High Life“ angesagt. Dagegen hat im Haus gegenüber Mutter Regina für Roman keinen Hortplatz mehr ergattern können. „Wir setzen jetzt auf die familiären Kräfte und auf Freunde“, bekennt die Marktforscherin. Sie ist froh, dass ihre Eltern in der Nähe wohnen und die Oma nur einen Straßenzug entfernt beheimatet ist – nicht zuletzt weil ihr Mann Waldemar als Diplom-Ingenieur und Projektleiter in der Baubranche in der Arbeit ganz stark gefordert ist.

Aber am Mittwoch hatten sich die Väter Waldemar und Ralf natürlich frei genommen, denn den ersten Schultag ihrer Kinder wollten sich beide nicht entgehen lassen. Auch Omas und sogar Urgroßeltern hatten ihreTeilnahme angekündigt, so dass die Eltern schon eine kleine ABC-Party auf die Beine stellen wollten. Während Julia mit ihrer Verwandtschaft in die Lochmühle wollten, tendierten Romans Eltern eher zu einer Hausparty.