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Der neue Bauwagen ist da!

Sie alle freuen sich über den neuen Kita-Bauwagen in Okarben (von links): Harald Kirch (Kommunales Immobilienmanagement), Sebastian Wollny (Ortsvorsteher Okarben), Gerald Schulze (Ortsbeirat Okarben) Christa Wonke (zukünftige Leiterin des Kita-Bauwagens), Michelle Mayer (Stadtverwaltung) und Bürgermeister Guido Rahn. Foto: Niehoff
Sie alle freuen sich über den neuen Kita-Bauwagen in Okarben (von links): Harald Kirch (Kommunales Immobilienmanagement), Sebastian Wollny (Ortsvorsteher Okarben), Gerald Schulze (Ortsbeirat Okarben) Christa Wonke (zukünftige Leiterin des Kita-Bauwagens), Michelle Mayer (Stadtverwaltung) und Bürgermeister Guido Rahn. Foto: Niehoff

Karben. Für 103 000 Euro hat die Stadt einen Kita-Bauwagen angeschafft. Ab September wird eine neu gegründete Kita-Gruppe mit samt ihren drei Betreuerinnen den Bauwagen tagsüber bewohnen – allerdings nur bei schlechtem Wetter, bei schönem geht’s in die Natur.
Eine Kita ohne stabile Wände, ganz nah bei der Natur? Geht das überhaupt? Und ob das geht. Was auf den ersten Blick ein wenig aus der Zeit gefallen erscheint, weil es nach schwärmerischer Naturromantik klingt, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als eine ganz normale Feld- und Wiesen-Kita mitten in Okarben.
In diesen Tagen ist der Bauwagen mit Überlänge und spezieller Innenausstattung auf dem recht großen Wiesengrundstück Am Straßberg in Okarben eingetroffen. »Der Wagen wurde extra als Kita-Bauwagen angefertigt und auch entsprechend ausgerüstet«, erklärt Bürgermeister Guido Rahn (CDU) sichtlich zufrieden mit der Neuanschaffung. 103 000 Euro hat das Prachtexemplar gekostet. Ab September wird eine neu gegründete Kita-Gruppe, also 20 Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren mit samt ihren drei Betreuerinnen den Bauwagen tagsüber bewohnen. »Das ist nur die halbe Wahrheit«, berichtigt die zukünftige Leiterin Christa Wonke, »denn der Wagen ist eigentlich nur für den Aufenthalt bei schlechtem Wetter gedacht. Ansonsten werden wir uns vor allem an der frischen Luft aufhalten«.
Und genau so sieht es die Waldpädagogik. Fünf Tage in der Woche geht es in den Wald, auf die Felder oder auf die Wiese zum gemeinsamen Spielen, Toben, Bauen und Entdecken. Eigentlich ist der Waldkindergarten ein ganz normaler Kindergarten. Nur dass die Kinder ganzjährig ihren Kita-Alltag draußen in der Natur verbringen. Und das bei jedem Wetter, egal, ob heiß oder eisig, ob Sonnenschein oder Schneefall.
Nur für den Fall, dass extreme Witterungsbedingungen einen längeren Aufenthalt im Freien verhindern, gibt es die geschützte Unterkunft im Bauwagen. Anders ist auch, dass es in einem Waldkindergarten kein vorgefertigtes Spielzeug gibt. Gespielt wird mit dem, was sich in Wald und Wiese findet, vom Baumstamm bis zu Moos und Blütenblättern – ein schier unerschöpfliches Reservoir, wie Wonke verrät. Sie erarbeitet derzeit mit ihren neuen Kolleginnen das pädagogische Konzept für die neue Wald- oder in diesem Fall Feld- und WiesenKita, da der Wald einige 100 Meter entfernt ist.
Das Konzept ist notwendig, da von ihm auch die Betriebsgenehmigung abhängt. So setzt jeder Waldkindergarten seine eigenen Schwerpunkte. Im Vordergrund stehen dabei jedoch immer die Förderung der Motorik sowie die Entwicklung von Selbstbewusstsein und sozialen Fähigkeiten. »Die Kinder erfahren die Stille und erkunden jeden Tag etwas Neues. Dabei geht es um ganzheitliche Bildung, das bedeutet Lernen mit allen Sinnen und mit ganzem Körpereinsatz«, verrät die zukünftige Wald-Kita-Leiterin schon einmal ein wenig aus ihrem Konzept.
Die Wurzeln der Waldkindergärten reichen weit zurück. Bereits vor 30 Jahren wurden die ersten Waldkindergärten in Dänemark gegründet, wo sie mittlerweile zum pädagogischen Alltag gehören. Von diesem Konzept angeregt, entstand 1993 der erste anerkannte deutsche Waldkindergarten in Flensburg. Das große Interesse der Medien half, die Idee schnell zu verbreiten. Inzwischen gibt es bundesweit mehr als 700 Waldkindergärten.
Viele Auflagen
für die Stadt

Auch in Karben gibt es neben den neun städtischen und drei kirchlichen Kindertagesstätten sowie weiteren Einrichtungen von freien Trägern bereits einen Waldkindergarten und zwar in Klein-Karben. Weil die Nachfrage nach dieser speziellen Art von Kinderbetreuung ständig wächst, wollte Bürgermeister Rahn das Angebot an derartigen Betreuungsplätzen vergrößern. »Unsere städtischen Gremien waren dabei kein Problem, da haben alle Fraktionen sofort zugestimmt. Schwierig ist es hingegen mit den übergeordneten Behörden«, und dabei wird Rahn sichtlich ernst. Es gebe Auflagen über Auflagen. So darf in dem Wagen kein Essen zubereitet werden, trotzdem muss der Wagen über fließend Warmwasser verfügen. Der Wagen muss ans Stromnetz angeschlossen sein. Die Zuwegung muss den Normen entsprechen und auch die Wiese mit ihren alten Bäumen muss auf ihre Sicherheit hin überprüft werden.
Rahn weiß, wovon er spricht, denn auf demselben Grundstück will die Stadt noch eine »normale« dreizügige Kita errichten. »Wir haben über 1000 Kinder in Karben, die betreut werden müssen. Auch wenn wir für sie hier und da noch zusätzliche Räume schaffen müssen, so ist eines schon gewährleistet: Wir haben ausreichend Betreuerinnen«, zeigt sich Rahn zufrieden.
Deshalb habe man auch einen zweiten Kita-Bauwagen angeschafft, der im Herbst eingeweiht werden soll. Den Standort will er noch nicht verraten.
Von Jürgen W. Niehoff