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Der Pfeiffer mit den drei f-Musik und Unterricht auf der Blumenwiese verhelfen Regisseurin Müther zum „Oh ja“-Erlebnis

Bad Vilbel. Vom „Oh Gott“ bis zum „Oh ja“ habe es eine Weile gedauert. So beschreibt Regisseurin Adelheid Müther ihre Entscheidungsfindung von der Anfrage die „Die Feuerzangenbowle“ zu inszenieren bis zu ihrer Zusage. Durch die Verfilmung mit Heinz Rühmann hat die Handlung des Romans von Heinrich Spoerl Kultstatus erhalten. Im Mittelpunkt steht Herr Pfeiffer – jener Pfeiffer „mit den drei f“ – eins vor dem ei und zwei danach. Eine nebengeordnete Rolle spielt dann auch noch die Frage „Wat is en Dampfmaschin?“, bei deren Beantwortung Lehrer Schnauz zunächst empfiehlt: „Da stelle mer uns mal janz dumm“.

Anlässlich einer Feuerzangenbowle schwärmen die Herren einer illustren Runde verklärend von den Streichen ihrer Schulzeit. Als der Schriftsteller Dr. Johannes Pfeiffer bekennt, dass er nur Privatunterricht genossen habe, wird er heftig bedauert. Dies animiert ihn, Frack und Zylinder gegen Jacke und Pennälermütze zu tauschen, sich um einige Jahre jünger auszugeben und in die Provinz an einem öffentlichen Gymnasium wieder die Schulbank zu drücken.

Für Adelheid Müther war klar, dass sie das Stück nicht so verändern darf, dass die Zuschauer nichts mehr wiedererkennen. Sie wollte es aber auch nicht in der allgemein üblichen Art inszenieren. Zu ihrem „Oh ja“-Erlebnis kam sie, als sie die Idee, den Unterricht ins Freie auf eine Blumenwiese zu verlegen und alles mit Musik anzureichern, für realisierbar erachtete. Das Bad Vilbeler Publikum darf also auf mehrstimmigen Gesang der insgesamt sieben Schüler gespannt sein. Für Tilmar Kuhn, den Darsteller des Pfeiffer, gilt jedoch die Regie-Anweisung: „Du singst falsch!“

Die Handlung des 1933 entstandenen Romans wurde um rund zehn Jahre zurückverlegt – also in eine noch etwas unschuldigere Zeit, die der Absicht, eine „goldene Schulzeit“ heraufzubeschwören näherkomme. Das Mädchen Eva, in das sich Pfeiffer verlieben wird, ist dann auch nicht die Tochter des Direktors, sondern eine junge Referendarin. Ansonsten werden die verschrobenen Eigenheiten der Lehrer und Provinzler sowie der jungen Absolventen dafür sorgen, dass viel gelacht wird.

Eine wie auch immer interpretierbare gesellschaftliche Bedeutung will Regisseurin Müther, die im Vorjahr mit „Don Camillo und Peppone“ ihr Bad Vilbeler Debüt gab, ihrer Inszenierung nicht überstülpen. „Das ist Unterhaltung“ und bringe den Wunsch nach einer fröhlichen und idyllischen Schulzeit zum Ausdruck mit tatsächlichen oder nur erträumten Heldentaten.

Schauspieler Tilmar Kuhn, der Fernsehzuschauern unter anderem als Heiko Quant aus der Lindenstraße bekannt ist, hat sich von seinem, die 7. Klasse besuchenden Sohn „beraten“ lassen. Der habe mit sichtlicher Freude von Aprilscherzen und Streichen der Schüler erzählt. Das Thema sei also noch aktuell, schlussfolgerte der Schauspieler. Seine eigene Schulzeit habe er gehasst, sagt Kuhn zunächst, um wenig später zu relativieren, es habe auch gute Zeiten gegeben. An die Rühmann-Verfilmung habe er wenig Erinnerung und sie garantiert nie zur Gänze gesehen, so der Vilbeler Dr. Pfeiffer. Nun habe er den Roman gelesen und bei den bisherigen Proben, trotz seiner Mordfantasien den quakenden Fröschen gegenüber, noch keine Minute seine Rollenzusage bedauert. Den Film will sich Tilmar Kuhn frühestens nach der Premiere ansehen.

Der aus der Schweiz stammende Hans-Jörg Frey, der den Lehrer Crey, Pfeiffers Gegenspieler um die Gunst der schönen Referendarin, verkörpert, hat selbst eine Lehrerausbildung absolviert und kurzzeitig auch in diesem Beruf auf einer Dorfschule gearbeitet. Dort habe er es nur mit sehr braven Kindern zu tun gehabt. Den Feuerzangenbowle-Film habe er zwar gesehen, „weil ihn alle sahen“. Er selbst habe auch immer mitgelacht, obwohl er ihn gar nicht so besonders lustig gefunden habe. Umso mehr machen ihm nun aber die Proben in Bad Vilbel Spaß. Dies habe er auch erwartet, denn mit Regisseurin Adelheid Müther hat er schon öfters zusammengearbeitet. Vielleicht hat er darauf auch schon den einen oder anderen „wönzigen Schlock“ Heidelbeerwein getrunken, mit dem Lehrer Crey den „Schölern“ die alkoholische Gärung zu erklären gedenkt.

Gesamter Spielplan der Burgfestspiele Bad Vilbel ist im Internet unter der Adresse www.kultur-bad-vilbel.de zu finden. Karten sind im Festspielbüro, Klaus-Havenstein-Weg 1, Telefon (06101) 559455, erhältlich.