Karben. Ende März war es, als Reinhard P. in Glauburg und in Wetzlar für seine private Firma, ein Regional- und Umweltplanungsbüro, tätig war. Unter anderem soll er einen Zaun gesetzt haben, wobei ihn ein Detektiv beobachtete. Einem Jagdpächter gegenüber soll er sich dabei als Mitarbeiter seiner eigenen Firma vorgestellt haben.
Das Pikante: An diesem Tag war Reinhard P. bei seinem Arbeitgeber, der Stadt Karben, krank geschrieben. Die kündigte ihrem Halbtagsangestellten daraufhin – und einem Kollegen ebenso mit den gleichen Vorwürfen, dem ehemaligen Amtsleiter Thomas A. (die FNP berichtete). Zumindest P., einst der Stellvertreter von A., stemmte sich gegen die Kündigung. Statt geforderter 40 000 Euro Abfindung holte er nun vorm Frankfurter Arbeitsgericht immerhin knapp 30 000 Euro heraus. Die Stadt hatte den Regelsatz von 18 000 Euro angeboten.
Bei der Kündigung war im Rathaus zunächst einiges schief gelaufen. Fristen wurden nicht eingehalten, der Personalrat nicht eingebunden. So datiert die jüngste und erste korrekte der insgesamt drei Kündigungen auf Mitte Juni.
Den Detektiv habe die Stadt auf P. angesetzt, als es „Auffälligkeiten“ bei Fehltagen gegeben habe, berichtet Stadt-Anwältin Claudia Trippel. An zwei von drei Beobachtungstagen habe er P. bei „Tätigkeiten in Wald und Flur“ ertappt. „Wenn jemand draußen rumläuft und Zäune setzt, kann man davon ausgehen, dass er auch Bürotätigkeiten ausführen und Auto fahren kann.“
Auffällig geworden sei P. erst nach Umstrukturierungen im Rathaus. „Von da an ging’s bergab“, erklärt sein Anwalt Thomas Wolf. Er berichtet von psychischen Problemen bei P. nach Mobbing am Arbeitsplatz und Schlafstörungen. Der Arzt habe P. Stressabbau verordnet. Die Kündigung sei nach dem Wechsel im Rathaus 2010 politisch motiviert.
Die Vorwürfe weist Karbens Verwaltungsleiter Hans-Jürgen Schenk zurück: Mobbing habe es nicht gegeben, P. habe die gleichen Aufgaben zu erledigen gehabt wie zuvor. Auffällig sei gewesen, dass Krankmeldungen stets gekommen seien, nachdem von P. eine Arbeitsleistung einfordert worden sei.
Richterin Hoff aber macht letztlich beiden Seiten klar, dass es „nicht so fürchterlich gut“ aussieht. Zum einen ist der Vorwurf des Arbeitsunfähigkeits-Betrugs gegen P. schwerwiegend. Selbst als Stadt-Anwältin Trippel darauf hinweist, dass die Kommune wegen der Schwere gar auf eine Abmahnung verzichtet habe, verzieht Hoff keine Miene.
Andererseits lässt die Richterin das Argument des Verteidigers gelten, wonach die psychische Belastung des einen Jobs nicht zwingend eine Tätigkeit im anderen verhindere. Nach fast zehn Arbeitsjahren bei der Stadt wird P. nun wohl zum Jahresende ausscheiden. Bis dahin ist er von seiner Tätigkeit im Rathaus freigestellt. Seine Arbeit ist hausintern neu verteilt worden. Der Vergleich wird rechtsgültig, wenn P. und die Stadtregierung binnen vier Wochen zustimmen.
Ein schneller Vergleich sei für die Kommune unterm Strich billiger als ein langer Rechtsstreit, sagt Verwaltungsleiter Schenk. Außerdem sei das Verhältnis so zerrüttet, dass eine Rückkehr von P. undenkbar sei. „Das hätte negative Folgen auf das Image des öffentlichen Diensts allgemein und auch auf den Eindruck von P. innerhalb der Mitarbeiterschaft.“
Darum muss sich P. keine grundsätzlichen Gedanken machen: Er ist rehabilitiert, denn mit dem Vergleich erhebt die Stadt auch keinerlei Vorwürfe mehr gegen ihn. (den)