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Die Gemeinden schrumpfen – Bertelsmann-Stiftung veröffentlicht Studie zur Demographie – Bad Vilbel trotzt dem Bevölkerungsschwund

Bad Vilbel. Gute Nachrichten konnte der BVA dieser Tage von Bürgermeister Dr. Thomas Stöhr (CDU) verkünden: In einer am Montag veröffentlichten „Bevölkerungsprognose 2025“ schreibt die Bertelsmann-Stiftung, Bad Vilbel sei eine „wirtschaftlich starke Stadt“ und prognostiziert ihr gegen den deutschlandweiten Trend ein weiteres Bevölkerungswachstum von 3,7 Prozent zwischen 1999 und 2025. „Das stimmt mich sehr optimistisch“, freut sich Stöhr.

Noch besser steht nur Schöneck da, dem ein Wachstum von 4,7 Prozent vorausgesagt wird, während der gesamte Main-Kinzig-Kreis 1,1 Prozent seiner Einwohner verlieren soll.

Ihre Daten haben die Demographen bei den Statistischen Ämtern der Länder, der Bundesagentur für Arbeit, der Gesellschaft für Konsumforschung und dem Stifterverband Wissenschaftsstatistik zusammengesucht. Sie sind alle im Internet veröffentlicht und sollen regelmäßig aktualisiert werden. Das Ziel des Demographieberichtes ist es, Kommunen für den demografischen Wandel zu sensibilisieren und Anstöße für konkretes Handeln zu geben.

Aus dem Bericht geht auch hervor, dass die Bevölkerungszahl hessenweit nach aktuellen Prognosen bis 2025 um rund zwei Prozent zurückgehen wird. Ganz so schlimm sieht es im Wetteraukreis noch nicht aus, dort wird für den Zeitraum 2006 bis 2025 immer noch ein minimaler Bevölkerungsanstieg von 0,3 Prozent vorausgesagt.

Doch Gemeinden, die bisher sehr auf Expansion gesetzt haben, müssen trotzdem voraussichtlich umdenken. So zählen Karben, Friedberg, Bad Nauheim und Nidderau aus Sicht der Bertelsmann-Demographen allesamt in die Kategorie der „Suburbanen Wohnorte mit rückläufigen Wachstumserwartungen“.

Falls die Forscher mit ihren Prognosen richtig liegen, wird die Bevölkerung beispielsweise in Karben von 2006 bis 2025 um 1,9 Prozent schrumpfen. Zum Vergleich: Von 1999 bis 2006 war sie noch um 1,9 Prozent gewachsen. Ungefähr genauso hart trifft es dann Friedberg. Dort war die Bevölkerung von 1999 bis 2006 sogar um vier Prozent gewachsen. Jetzt soll sich der Trend umkehren und die Einwohnerzahl bis 2025 um 0,7 Prozent schrumpfen. „Wird sie nicht“, prophezeit davon gänzlich unbeeindruckt Friedbergs Bürgermeister Michael Keller (SPD). „Solche Studien spiegeln immer nur Augenblickaufnahmen wider“, betont er. Mit Fachhochschule und Kasernengelände habe Friedberg ausreichend Potenzial, um diesen Trend noch zu wenden. Schließlich solle auf dem ehemaligen Kasernengelände auf 76 Hektar gleich ein neuer Stadtteil entstehen. „Darum beneiden mich viele andere Bürgermeister, ich sehe das also mit Gelassenheit.“

Geht es nach den Empfehlungen der Bertelsmann-Stiftung, ist der Aufbau eines neuen Stadtteils freilich der gänzlich falsche Weg. Die perspektivisch zu erwartende Abschwächung der Bevölkerungsdynamik sei den Kommunen noch zu wenig präsent. Deshalb werde weiter Wachstum geplant, wo doch viel eher eine gezielte Entwicklung der Innenstädte angesagt sei.

Schließlich hänge die Lebensqualität gerade der älteren Bevölkerung auch von kurzen Wegen ab, die nur durch attraktive und vielfältige Innenstädte erreicht werden könnten.

Welche Bedürfnisse Senioren haben, sollten sich alle Städteplaner der Region sowieso ganz genau ansehen. Denn ob in Bad Nauheim oder Nidderau: Der Anteil der über 80-Jährigen wird stark ansteigen. In Karben von 3,5 auf 8,1 Prozent, in Friedberg von 3,9 auf 6,3 Prozent, in Nidderau von 3,0 auf 8,4 Prozent, in Schöneck von 3,2 auf 6,8 Prozent, in Bad Nauheim von 6,6 auf 13,7 Prozent, und auch in Bad Vilbel von 4,2 auf 7,8 Prozent. Gleichzeitig soll die Zahl der unter 18-Jährigen sinken, was die Schülerzahlen schrumpfen lässt.

„Völlig klar, dass auch wir uns dem allgemeinen Trend nicht ganz entgegen setzen können“, sagt Thomas Stöhr. Deshalb sei auch schon für das kommende Jahr die Eröffnung eines Hauses der Begegnung mitten in Bad Vilbel geplant, in dem sich dann Generationen austauschen können.

Die Bertelsmann-Stiftung empfiehlt über derartige Pläne hinaus, vorausschauend zu planen. So müsse auch ein Angebot für pflegebedürftige Angehörige aufgebaut werden. Kindergärten sollten gleich so gebaut werden, dass sie in Seniorentreffs umgewandelt werden können.

Demographieberichte zu den jeweiligen Gemeinden finden Interessierte auf der Webseite der Bertelsmann-Stiftung: www. wegweiser-kommune.de