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Die Glocke schlägt! – Heinrich Quillmann führt als historischer Ortsdiener durch Windecken

Nidderau. Eine Glocke schlägt an. Heinrich Quillmann hat die Glocke, die in Windecken gegossen wurde, aus dem Heimatmuseum ausgeliehen. Sie war einst wichtiges Utensil eines Ortsdieners. Er trägt sie durch Windecken. Über den Marktplatz, durch die engen Gassen, entlang alter Fachwerkhäuser und Höfe. Wenn er an markanten Punkten die Bekanntmachungen aus der Stadtgeschichte vorträgt, schlägt die Glocke zur Aufmerksamkeit an. Immer wieder. Quillmann erzählt, dass Windecken am 5. August 1288 die Stadtrechte verliehen bekam und seit damals jede Woche donnerstags von 14 bis 18 Uhr einen Markt abhalten durfte. Immer wieder bleibt er stehen und schlägt ein Briefmarkenalbum auf. Darin hat er seine Bekanntmachungen eingelegt. Spickzettel der Nidderauer Historie, die das soziale Leben der damaligen Zeit auf dem Land spiegeln. Als Quelle diente Quillmann die Kopie des Bekanntmachungsbuches des Ortsdieners vom April 1887 bis 90. Aus den insgesamt 616 Bekanntmachungen hat er die amüsantesten ausgewählt. Eine Bekanntmachung über Neuwahlen ergänzt Quillmann. „Wählen durften nur Bürger, die das Bürgerrecht besaßen oder viele Steuern zahlten“, sagt er. Wenn die Wahlbeteiligung niedrig war, wurde am nächsten Tag noch einmal gewählt.

Eine andere Bekanntmachung bezog sich auf zwei Kinder, die in Pflege gegeben werden sollten. Wie Quillmann erklärt, war dies in Windecken geregelt. In Heldenbergen wurde ein Kind 1798 an der Oberburg ausgesetzt und hieß fortan Friedrich Oberburg. Viele Bekanntmachungen unterrichteten die Bürger über Verbote und Erlasse aus dem Rathaus und waren zugleich Informationsbörse. Der Ortsdiener als Sprachrohr unterrichtete die Bürger darüber, wo es gutes Kornstroh gab, wann und wo die Kinder geimpft wurden und dass es bei 60 Mark Strafe verboten war, Unrat in den Katzenbach zu werfen.

Quillmann nimmt seine Besucher mit durch das ehemalige Judenviertel, in den Bereich der Burgmannenhöfe, wo auch die Glockengießerei Bach situiert war. Rund 400 Glocken wurden über die Jahrhunderte gegossen. Die größte wog 20 Zentner und hängt heute in Sankt Peter in Mainz.

Am 20. März führt Quillmann unter dem Motto „Windecken – schönste Residenzstadt weit und breit“ durch den Ostteil. Treffpunkt ist um 15 Uhr auf der Nidderbrücke. Die Stiftskirche mit Turm kann donnerstags von 15 bis 17 Uhr besichtigt werden.