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Die Mischung macht’s-Ovag setzt beim Strom neben Kernenergie auch auf Kohle, Wind und Sonne

Bad Vilbel. Er wolle „politisch Flagge zeigen“, betonte Gnadl schon zur Begrüßung des guten Dutzend Zuhörer im Restaurant Saloniki. 16 Jahre sei er Landrat gewesen, insgesamt 27 Jahre als Hauptamtlicher in der Verwaltung und seit drei Jahren Ovag-Vorstand, fasste Gnadl zusammen. Doch auch Manager, zumal in der Energiebranche, seien alles andere als neutral – zumal bei der Ovag, die kommunal organisiert ist.

In deren „Parlament“, der ZOV-Verbandsversammlung, sind drei Landkreise vertreten: Wetterau, Vogelsberg und Gießen. Darin seien sich jedoch alle einig, außer der FDP, „dass das Tafelsilber nicht verjuckt wird.“ Auch die CDU sei gegen eine Privatisierung des Stromversorgers. Das hat seine Gründe. Die Ovag finanzieren zu hundert Prozent den öffentlichen Nahverkehr, außer dort, wo es die Stadtwerke tun, wie in Bad Vilbel.

Und sie schütten an die Kommunen noch fünf Millionen vor Steuern aus. Außerdem engagiert sich die Ovag im Umweltschutz, Gnadl nannte als Beispiel den Auenschutz. Er griff die vier großen Stromkonzerne an: „Sie schütten 25 Prozent Dividende aus – aber an wen?“ Auch seien die Konzerne mitnichten unpolitisch. So hätten sie sich zum Frühstück mit der Kanzlerin einladen lassen und danach die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke erreicht. „Gesellschaftspolitisch schädlich“, mahnt Gnadl. Doch auch der Ovag-Strom stamme zu 85 Prozent aus dem überregionalen Versorgungsnetz – „da ist 23 Prozent Kernenergie drin“, verriet er. Nur 15 Prozent stamme aus regenerativen Energien, davon allein 9,6 Prozent Windkraft. Diese sei, im Gegensatz zur Photovoltaik, wesentlich effektiver. Allerdings trage die Windenergie bei vollem Wind nur mit 180 Kilowatt bei, der Spitzenverbrauch bei der Ovag liege bei bis zu 363 Kilowatt.

„Nun gibt es Puristen, die sagen, dann müssen wir eben das Küchenlämpchen früher ausschalten“, merkte er an und betonte, das könne sich Deutschland nicht erlauben. „Das ist ein Industriestandort und unser Wohlstand hängt davon ab, dass unsere Maschinen brummen.“ Deswegen gelte das Motto: „Das eine tun und das andere nicht lassen“ – also auch künftig in Kohlekraftwerke investieren.

Konkret kündigte Gnadl an, die Ovag wolle in den umstrittenen Block Sechs des Eon-Kraftwerks Staudinger investieren – mit 25 Prozent, jedoch nur in einem kommunalen Verbund. Schon im Bau ist die Biogas-Anlage in Wölfersheim-Berstadt. Nach Anfangsproblemen habe man das Getreide länger im Silo lagern müssen, dessen „Emissionen erzürnen die Leute“. Dabei sei „die Rendite so golden nicht, regenerative Energien sind ein sehr steiniger Weg“, räumte er ein. Gnadl betonte, es sei wichtig, mit Klimaschutz ernst zu machen und Taten folgen zu lassen, „sonst versündigen wir uns an den nächsten Generationen.“ Sinnvoll sei, Windenergie auch dort zu erzeugen, wo sie vor allem benötigt werde – im Süden der Wetterau. (dd)

Die Ovag versorgt 450 000 Einwohner in den Landkreisen Wetterau, Vogelsberg und ein Drittel des Landkreises Gießen mit Energie.