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Die Quellenstadt im Schnee

Bad Vilbel. „Wir wussten ja, dass etwas kommt. Nur nicht genau, wann.“ Mit dieser Bemerkung tut Betriebshofleiter Stefan Hensel bescheiden jedes Lob darüber ab, dass am Montagfrüh der Winterdienst nach dem massiven Schneefall in der Nacht reibungslos funktioniert hat. Gegen drei Uhr erfährt Peter Giesel von der Betriebshof-Führungs-Crew telefonisch durch die Polizei, dass es zu schneien beginnt. Er alarmiert die 24-Stunden-Einsatzbereitschaft sowie Stefan Hensel und den Leiter der Müllabfuhr, Dieter Krieg. Um 3.30 Uhr ist er selbst als Erster an seinem Arbeitsplatz. 15 Minuten später haben sich die komplette Führung und alle 13 Mann der Bereitschaft dort versammelt. Noch vor vier Uhr fahren die Räum- und Streufahrzeuge vom Hof: vier große mit Schneepflug für die Bus- und Hauptverkehrsstrecken sowie zwei kleine mit je zwei Personen, die Geh- und Radwege, Fußgängerüberwege, Bushaltestellen und Treppen mit der Hand streuen.

„Bei diesem Wetter – Schneefall bei eisiger Kälte – ist es wichtig, dass wir die Fahrbahnen, Geh- und Radwege freibekommen, ehe der Schnee festgefahren ist und eine eisige Unterlage bildet“, erklärt Hensel. Wie vorgesehen, sind zumindest Fahrspuren auf den Hauptstrecken frei, bis der Berufsverkehr einsetzt. „Wir haben Glück, weil noch Ferien sind“, so Hensel. Denn sonst genießen auch die Schulbusrouten und Schulwege Priorität.

Am Montagmorgen können sich die Bereitschaftler um sieben Uhr beim Arbeitsbeginn ihrer insgesamt etwa 35 Kollegen vom Betriebshof gar an heißem Kaffee aufwärmen. Dann geht es neu sortiert gleich weiter. Einige steigen auf die Müllfahrzeuge um, andere bleiben auf dem Räum- und Streubock, verstärkt durch ausgeschlafene Kameraden.

Von nun an gilt ein weiterer Vorrang: der Weg der Müllfahrzeuge. In den vielen engen, abschüssigen, von parkenden Autos gesäumten Straßen und Gässchen ist schon ohne Schnee und Eis die Durchfahrt oft Zentimeterarbeit. Das Risiko zu rutschen, kann kein Müllwagenfahrer eingehen. Die Gefahr wird umso größer, je wärmer die Reifen gelaufen sind. Dann kann ein Laster während eines Stopps zu rutschen beginnen. Deshalb ziehen Klaus Zinn, Klaus-Dieter Oesting und Halil Cigdem für ihre Tour durch Dortelweil-West Schneeketten auf.

Inzwischen tankt Michael Dillemuth auf seinem großen Räum- und Streufahrzeug Lauge in den einen, danach Salz in den anderen Tank. Der Bordcomputer stellt daraus nach Bedarf ein Gemisch her, das über den Streuteller am Heck des Lasters auf die Fahrbahn fliegt. „Durch die Lauge brauchen wir weniger Salz, das belastet die Umwelt geringer“, erklärt Dillemuth. „Bei Raureif reichen fünf Gramm pro Quadratmeter, heute brauchen wir die volle Dröhnung von 15 Gramm.“

Kurz vor dem Biwer-Kreisel – Dillemuth räumt gerade die Busspur in der Kasseler Straße – erreicht ihn über Funk die Nachricht, in der engen Alte Straße drohe der Müllwagen von Andreas Döring, Heinz Seibald und Albert Lotz zwischen parkenden Autos abzurutschen. „Da ist kein Platz zum Rutschen“, weiß er und eilt sofort zu Hilfe. Rückwärts – „da sehe ich die Länge und Breite meines Autos durch die Spiegel besser als vorwärts“ – nähert er sich dem Gefährt von unten. Das Fahrzeug streut sich rückwärts seinen Weg selbst.

Nach zwei Stunden und etwa 25 Kilometer Streustrecke sind die Tanks des Fahrzeugs fast leer. Auf dem Rückweg zum Betriebshof erledigt Dillemuth noch die Steigungen „Am Felsenkeller“ und in der Baugasse mit – rückwärts bergan natürlich. In Dortelweil wird für die nächste Tour nachgeladen.

„Die nächsten Tage werden wir noch ordentlich zu tun haben“, vermutet Hensel. Denn nicht nur klirrende Kälte, auch ausgiebige Schneefälle sind angekündigt. Den Vilbelern muss indes nicht bange sein. Streumaterial ist reichlich vorhanden. Und die Männer um Dillemuth & Co. gehen hoch motiviert an ihre Arbeit.