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Dotti will, darf aber nicht

Hofgemeinschaft kann seit Jahren Erweiterungspläne nicht realisieren

Der enge Kundenparkplatz und der bisherige Verkaufsladen des Demeter-Betriebes sollen aus dem Hofbereich heraus verlegt werden. Foto: Deul
Der enge Kundenparkplatz und der bisherige Verkaufsladen des Demeter-Betriebes sollen aus dem Hofbereich heraus verlegt werden. Foto: Deul

Bereits seit acht Jahren versucht der zwischen Gronau und der Kernstadt gelegene Dottenfelderhof seinen Demeter-Betrieb so auszubauen, dass das Areal mit zusammengelegten Läden, zentralen Parkplätzen und neu sortierten Betriebsbereichen besser nutzbar wird. Doch das 2,5-Millionen-Euro-Projekt eines neuen Laden- und Bürogebäudes wird noch immer durch bürokratische Auflagen ausgebremst. Derzeit läuft eine Klage gegen den Kreis vor dem Verwaltungsgericht. Auch die Stadt hat ihre Zu- stimmung noch nicht erteilt.

Bad Vilbel. Eigentlich geht es Martin Hollerbach nur darum, Betriebsabläufe zu entflechten, mehr Platz für Kunden und mehr Effizienz für die Mitarbeiter zu ermöglichen. Der für die Dotti-Vermarktung zuständige Gesellschafter des Hofes zeigt, wo es derzeit überall hakt.

Die Verkaufswagen für die acht Märkte parken direkt vor dem Käseladen, nebenan gibt es für den Supermarkt eine doppelte Ladenstruktur. Das Hofcafé ist ein Holzanbau mit Blick auf die Getreideanlieferung und umherstehendes Leergut. Eine Kundentoilette teilen sich die Besucher mit den Mitarbeitern in einem engen Raum des Wohngebäudes. Besuchergruppen suchen den Erstkontakt im Käseladen, Autos kreisen rund um den Hof bis kurz vor die Läden. Mitarbeiter müssen die Waren ständig zu den Läden hin- und her rangieren, erledigen Büroarbeiten in privaten Räumen.

Das alles sollte schon längst ein Ende haben. Bereits 2007 hat der Hof eine Bauanfrage an den Kreis gestellt. Geplant ist die Errichtung einer landwirtschaftlichen Lagerhalle für Ab-Hof-Verkauf, Besucherempfang und Hofbüro im Sattelgeschoss. Ein knapp zehn Meter hohes Gebäude mit 1380 Quadratmetern Gesamtfläche, das künftig an der rechten Seite der Zufahrt vor den bisherigen Lagerhallen stehen soll, ergänzt um 60 Parkplätze. Die bisherigen beiden Läden haben 450 Quadratmeter Verkaufsfläche. Mit einem Bistro sollen es künftig 780 Quadratmeter sein.

Doch dem Dottenfelderhof gehe es nicht um Expansion, betont Hollerbach: „Wir wollen unseren Betrieb entflechten, die Waren besser präsentieren. Und für Familien ist es in unserem Laden sehr eng.“ Zudem hätten die Dotti-Kunden ein ganz anderes Kaufverhalten. Es gebe keine Laufkundschaft, gekauft werde gebündelt, „wir haben einen zwei bis drei Mal höheren Durchschnittsbon an der Kasse“, sagt Hollerbach.

Schließlich gehe es den Familien nicht nur um den Einkauf, sondern auch darum, den landwirtschaftlichen Betrieb zu erleben, bei den Kühen, Schweinen, Hühnern vorbeizuschauen und auch auf dem Spielplatz. Vor diesem Hintergrund findet Hollerbach es unverständlich, dass das Bauvorhaben weiter in der Warteschleife dreht.

„In unserem Betrieb sind die Betriebsteile Ackerbau, Viehhaltung (Rind, Schwein, Huhn, Schaf, Pferd) Gartenbau und Obstbau sowie die Verarbeitung so aufeinander zugeschnitten, dass sie sich gegenseitig ergänzen. Hinzu kommen die Züchtung und der Ausbildungsbetrieb der Landbauschule, so dass wir 140 ökonomisch und ökologisch sinnvolle Arbeitsplätze bieten“, betont er.

Von der reinen Größe her würde in der üblichen Landwirtschaft „vom Dottenfelderhof eine Familie mit einem Schlepperfahrer leben, die Gebäude würden leer stehen oder wären ausgebaut und vermietet. Es wäre längst ein Gebäudekomplex, der nichts mit Landwirtschaft zu tun hätte“.

Kein generelles Nein

Doch die Pläne liegen weiter auf Eis. Nachdem 2007 der Fachdienst Landwirtschaft des Kreises eine positive Stellungnahme schrieb, lehnte der Kreis den Bauantrag 2011 ab. Statt des gesamten Hofs wurde nur der Neubau für sich betrachtet und als unangemessen groß verworfen. Drei Jahre lang wurde dann ein Entwurf erarbeitet, der 2014 scheiterte, weil man sich nicht über Ausgleichsflächen einigen konnte. Indes sei für die fünf zu fällenden Obstbäume längst Ersatz geschaffen worden, betont Hollerbach.

Ein erneuter Bauantrag sei dann abgelehnt worden, weil der Hof nicht erschlossen sei. Was die Stadt Bad Vilbel und die Straßenverkehrsbehörde „Hessen Mobil“ eingewandt hätten. Dabei, so Hollerbach, habe die Stadt einen Nutzungsvertrag, wonach der Dortelweiler Sportplatz für Schwerverkehr nur über den Weg zum Hof erreichbar sei, zudem gibt es zusätzlich einen Radweg. Letzter Stand der Dinge: Der Hof klagt gegen den Kreis auf Erteilung der Baugenehmigung vor dem Gießener Verwaltungsgericht.

Der Kreis hat jüngst eine siebenseitige Stellungnahme eingereicht. Das sei „kein grundsätzliches Nein, aber so wie jetzt geht es nicht“, erklärt dazu Kreis-Justiziar Ernst Meiß. Es gebe mehrere Einsprüche, darunter vom Regionalverband und „Hessen Mobil“. Aber auch die Stadt Bad Vilbel habe ihr Einvernehmen zu dem Vorhaben nicht erteilt, daher könne der Kreis gar nicht genehmigen.

Posse der Verwaltung

Indes erklärt Bürgermeister Thomas Stöhr (CDU): „Wir unterstützen voll und ganz den Ausbau des Dottenfelderhofs“, dazu gebe es auch einen Magistratsbeschluss. Die Stadt sei „jederzeit bereit, einen konkreten Erschließungsvertrag abzuschließen“. Allerdings müsse die neue Verkaufsfläche „gut angebunden“ sein mit einer „entsprechend ordentlichen Hofzufahrt“. Das liege auch im Interesse der Kunden, so Stöhr.

Dass der Dotti neben den eigenen Angeboten auch viele zugekaufte Produkte anbiete, hält Ernst Meiß für das eigentliche Problem. Denn ein großer Laden in diesem Außenbereich sei eigentlich nicht genehmigungsfähig. Erst kürzlich habe die Stadt Friedberg einem Ockstädter Kirschenbauern die Genehmigung für einen Hofladen verweigert, weil man keine Konkurrenz für die innerstädtische Struktur wolle.

Der Kreis rät dem Hof, eine neue Bauplanung zu machen. Hollerbach entgegnet, schon in die bisherige Planung habe der Hof über 100 000 Euro investiert, „totes Kapital“. Ein Umzug komme nicht in Frage: „Wir haben allen dargestellt, dass wir nicht mit dem Hofladen in die Stadt wollen mit einem Ladengeschäft dort. Da fehlt uns das Know-how, und die Authentizität geht verloren. Der Kunde soll sehen und genießen lernen, wie es und was in der Landwirtschaft riecht und wie man mit den Dingen und den Tieren umgeht.“ Zu dem Rechtsstreit fällt ihm nur noch ein: „Für uns ist das eine Verwaltungsposse.“