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Ein »spezielles« Parkerlebnis

Wer in das Parkhaus unter der Vilco fährt, muss bezahlen. Unabhängig davon, ob er an einer »Elektrotankstelle« sein Fahrzeug lädt, oder nicht. Im Bild einige Ladestationen in der Vilco. Foto: Eickhoff
Wer in das Parkhaus unter der Vilco fährt, muss bezahlen. Unabhängig davon, ob er an einer »Elektrotankstelle« sein Fahrzeug lädt, oder nicht. Im Bild einige Ladestationen in der Vilco. Foto: Eickhoff

Bad Vilbel. Vor knapp drei Jahren ist nach ebenso langer Bauzeit die Tiefgarage unter der Bad Vilbeler Stadthalle eröffnet worden. Auf 12 690 Quadratmetern Fläche stehen mehr als 370 Stellplätze zur Verfügung. Darunter auch zahlreiche E-Ladestationen. Ein spezielles Erlebnis mit genau jenen hat Leser Bernd Krempel erlebt. Die Stadtwerke haben dazu jedoch eine klare Meinung.
Bernd Krempel ist – wie er selbst sagt – »einigermaßen regelmäßig« in Bad Vilbel unterwegs. Sein Auto stellt er dann auch gerne in die Tiefgarage unter der Vilco. Dort sind mehr als ein Dutzend E-Ladestationen der Stadtwerke platziert. So schön, so gut. »Doch ganz so einfach, wie es sich anhört, ist es leider nicht«, sagt Krempel. »Die Stationen sind ausgelegt für die Inhaber von Dauerkarten oder Mobilitäts-Apps. Wer Einmalzahlungen via Kreditkarte nutzt, ist gleich mehrfach angeschmiert.«
Krempel schildert ein Erlebnis. In der Tiefgarage sei ein WLAN der Stadtwerke eingerichtet, um sich in die Ladestationen einloggen zu können. »Internetempfang herrscht dort nämlich keiner. Dann muss man sein E-Fahrzeug dazu bringen, den eigenen WLAN-Hotspot auszuschalten, weil sonst das Einloggen in ein anderes Netzwerk nicht funktioniert. Warum anschließend mehr als die Hälfte der Ladestationen als belegt angezeigt werden, obwohl dort kein Auto geparkt ist, bleibt wohl das Geheimnis der Stadtwerke«, bedauert Krempel. Also sei Umparken angesagt. »Nach Hinterlegung seiner E-Mail und der Zahlungsart Kreditkarte muss diese freigeschaltet werden, wofür der sicherheitsbewusste Nutzer auch immer eine 2-Faktor- Authentifizierung nutzt. Diese funktioniert über SMS, was jedoch einen Telefonempfang voraussetzt, der in der Tiefgarage ebenfalls nicht gegeben ist. Also macht man sich auf dem Weg aus der Tiefgarage heraus, empfängt die SMS und geht wieder zu seinem Fahrzeug zurück.«
Parkzeit wird
in Rechnung gestellt

In der Fülle der erhaltenen Informationen gehe die ebenfalls mitgesendete Information, dass nach einer gewissen Standzeit von drei Stunden ein Zeitpreis von 0,50 Euro pro Kilowattstunde erhoben werde, unter. »Dass es diese Details jedoch in sich haben, erfährt der ladewillige Fahrer eines E-Fahrzeugs mit Empfang der Rechnung bei Abholung des Fahrzeugs.« Wer also sein Fahrzeug kurz vor Mitternacht abstelle, müsse es nach drei Stunden umparken, »um der Zeitstrafe zu entgehen«. Als er das Auto am nächsten Morgen geholt habe, sei er geschockt gewesen. »Der nach Beendigung des Tank- und Parkvorgangs zugesendeten Rechnung konnte ich dann entnehmen, dass ein Zeitpreis von 43,10 Euro für die 14 Stunden Tank- und Parkzeit an einer der gut ein Dutzend fast durchgehend ungenutzter Ladestationen fällig war.« Hinzu komme noch ein Entgelt für die »eigentliche Nutzung« des Parkhauses. Krempel fragt: »Von welchem Nutzer kann erwartet werden, dass er sein Tun unterbricht, um in der gegebenenfalls mehrere 100 Meter entfernten Tiefgarage sein Auto umzuparken; schon gar wenn die kostenfreie Parkzeit zu nachtschlafener Zeit endet?«
Bei den Stadtwerken hat man dazu eine klare Meinung. Stadtwerke Geschäftsführer Klaus Minkel gibt zu: »Wie alle anderen auch, müssen die Stadtwerke eine Lernkurve bei dem neuen und nicht trivialen Geschäftsmodell der ›Elektrotankstelle‹ absolvieren.« Ob der Handy-Empfang in der Tiefgarage sichergestellt werden kann, wird derzeit geprüft.
Damit könne man eventuell das Problem der Zwei-Faktor-Authentifizierung von Kreditkarten per SMS bei der Bank lösen. Klar sei jedoch auch: »Dass Parken an einer Ladesäule nicht gratis sein kann, weil sonst die Ladesäulen als billige Parkplätze missbraucht und blockiert werden würden.« Die Ladestationen seien bewusst für Dauerkarten auslegt. »Die Einmalzahlung ist gesetzlich vorgeschrieben, aber nicht der Normalfall. E-Auto-Fahrer haben in der Regel ein oder mehrere Apps und Ladekarten. Dies ist günstiger, einfacher. Dort gibt es Wettbewerb und man kann sich für ein Vertragsmodell bei verscheidenden Anbietern entscheiden.« Auch die Stadtwerke würden ihren Kunden eine günstigere Ladekarte anbieten.
Weniger
Beschwerden

Die Information zum eigenen WLAN sei auf der Ladeanleitung platziert, die neben den Ladestationen hängt. »Dass in der App von Ladenetz technische Probleme auftreten, ist bekannt. Wir können da allerdings nicht viel machen, außer das beim Dienstleiter zu hinterlegen. Die Anzahl der direkten Beschwerden über die App ist allerdings in den letzten Jahren gegenüber den Anfängen stark zurückgegangen.«
Dass ein Zeitpreis an Ladesäulen erhoben werde, sei in der E-Mobilität Standard. »Da die Ladesäulen nicht zum Dauerparken gedacht sind, sondern nach dem Ladevorgang wieder freizugeben sind.« Die relevanten Preise würden außerdem in der App vor dem Ladevorgang angezeigt. »Wenn der Kunde die Ladesäulen nachts zum Dauerparken nutzen möchte, dann könnte er eine Ladekarte suchen, bei der keinen Zeitpreis erhoben wird.« Sonst gebe es keine Beschwerden zur Preisgestaltung und Einmalzahlungsmöglichkeit in der Vilco. »Ich denke, es liegt aber vor allem daran, dass den Kunden bewusst ist, dass sie einfach eine Ladekarte bei verschiedenen Anbietern bestellen können und damit viele der beschriebenen Probleme gelöst sind.«
Auch allgemeine Beschwerden über die App seien »deutlich zurückgegangen«. Lediglich über den Zeitpreis gebe es ab und zu Beschwerden. »Allerdings wird der bewusst erhoben.«
Von Patrick Eickhoff