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Großes Streitthema »Straßenbahn«

Rollt die Straßenbahnlinie 18 bald durch Vilbel? Wenn es nach der schwarz-roten Koalition geht nicht. Sie lehnt eine Machbarkeitsstudie ab. Foto: Pegelow
Rollt die Straßenbahnlinie 18 bald durch Vilbel? Wenn es nach der schwarz-roten Koalition geht nicht. Sie lehnt eine Machbarkeitsstudie ab. Foto: Pegelow

Von Patrick Eickhoff

Die Entscheidung über Machbarkeitsstudie fällt in der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung

Bad Vilbel. Die Wochen der Wahrheit stehen an: Die CDU/SPD-Koalition in Bad Vilbel hat dem Projekt Straßenbahn eine Absage erteilt. In den anstehenden Sitzungswochen möchte sie unter anderem Anträge zur besseren Taktung des 30er-Busses stellen. Eine Machbarkeitsstudie zur Tram soll es nicht geben. Damit sind nicht alle einverstanden.
Das Projekt Straßenbahn steht in Bad Vilbel vor dem Aus – noch bevor es eigentlich begonnen hat. Für die Regierungskoalition aus CDU und SPD steht fest: Sie will kein weiteres Geld für eine Machbarkeitsstudie für eine Straßenbahnlinie durch Bad Vilbel ausgeben. Diese würde in etwa 300 000 Euro kosten – etwas weniger als die Hälfte würde Bad Vilbel zahlen, den Rest Frankfurt.

Die Machbarkeitsstudie wäre nach der Potenzialstudie der nächste Schritt gewesen. In dieser hatten die beiden Städte gemeinsam die Verlängerung der Straßenbahnstrecke aus der Friedberger Warte via Unfallklinik, Heiligenstock und Heilsberg nach Bad Vilbel untersucht. Das Ergebnis wurde in einer Bürgerversammlung präsentiert. Das Fazit? Sinnvoll wäre die Strecke, wenn sie vom Südbahnhof bis ins Neubaugebiet Krebsschere führen würde.

Eingriffe ins Stadtbild
Für die Koalition steht fest: Der Eingriff ins Stadtbild wäre zu massiv. Von der Potenzialanalyse sei man enttäuscht, betont Bad Vilbels CDU-Fraktionschefin Irene Utter. »Die Trassenführung würde das Stadtbild Bad Vilbels massiv zum Schlechteren verändern – von der Lärmbelastung für die Anwohnerinnen und Anwohner einmal ganz zu schweigen.«

In der Alten Frankfurter Straße und auf der Kasseler Straße käme es zu einem erheblichen Problem. Dort würde die Bahn »auf wesentlichen Teilen der Strecke gemeinsam mit den Autos auf der Straße fahren – und somit morgens und nachmittags auch mit ihnen im Stau stehen«, sagt SPD-Fraktionsvorsitzende Mirjam Fuhrmann
Für die Koalition steht fest: Bad Vilbel ist durch die bald viergleisig ausgebaute S-Bahnlinie 6 und verschiedene Busverbindungen bereits gut an Frankfurt angebunden. Stattdessen will man die Busse der Linie 30 nach Frankfurt auf CO2-neutralen Antrieb umstellen und besser takten. Außerdem solle der Magistrat prüfen, ob Möglichkeiten bestehen, die Geschwindigkeit zu erhöhen, etwa durch die Einrichtung zusätzlicher Busspuren auf der B 521.

Das könnte allerdings dazu führen, dass für die Vilbeler künftig umsteigen angesagt ist. Denn: In ein paar Jahren soll mit der Linie 19 eine zweite Tram auf dem Abschnitt zwischen Friedberger Warte und Konstablerwache sowie weiter nach Oberrad rollen. Die Frage, die vor allem in Frankfurt aufkommen wird, ist, ob weiterhin jeder Bus in Richtung Innenstadt rollen wird.

Dort hat man die Entscheidung Bad Vilbels enttäuscht aufgenommen. Wolfgang Siefert, Referent und designierter Nachfolger von Frankfurts Mobilitätsdezernenten Stefan Majer (Grüne), sagt, die Absage sei »schade, weil es auch um die Verkehrswende geht«. Allerdings wolle man noch mal das Gespräch mit den Verantwortlichen der Quellenstadt suchen.
Es dauerte nicht lange nach Veröffentlichung der Pressemitteilung durch die Bad Vilbeler Koalition, bis die ersten Reaktionen folgten. In den sozialen Netzwerken wurde diskutiert. Leserbriefe erreichten die Redaktion. Die Entscheidung sei »ernüchternd«. Die Koalition reagiere »fantasie- und mutlos«. Die Mandatsträger würden »nur ungern über ihren Ortsrand hinausschauen.« Andere folgten der schwarz-roten Argumentation, zeigten sich froh, »dass Bad Vilbel nicht zerschnitten wird«.

Dieser Argumentation folgen in Bad Vilbel FDP und AfD. »Natürlich ist die Entscheidung gegen die Straßenbahn historisch, deshalb müssen besonders intensive Abwägungen vorgenommen werden. Das haben wir Liberale und jetzt auch die Koalition für Bad Vilbel vorgenommen und damit den Bürgern zunächst bei den Bauarbeiten, aber auch im laufenden Betrieb viel Ungemach erspart«, so die FDP-Fraktionsvorsitzende Julia Russmann.

»Fantasie- und mutlos«

Doch nicht die ganze Opposition schließt sich dieser Meinung an. Für die Grünen steht die Ampel für die Straßenbahn auf »Grün«. Sie wollen die Machbarkeitstudie in Auftrag geben. Fraktionsvorsitzender Jens Matthias sagt: »Bad Vilbel hat auf die Fragen zum aktuellen Verkehrschaos und das anhaltende Verkehrswachstum der Stadt keinerlei ernsthafte Antworten. Fachleute haben die Straßenbahn als verheißungsvolle Lösung präsentiert.« Eine parteipolitisch motivierte Absage an eine Straßenbahn sei eine Absage an die Zukunft Bad Vilbels.

Der fraktionslose Stadtverordnete Michael Wolf möchte gerne die Bad Vilbeler und Bad Vilbelerinnen mit ins Boot holen. In einem Antrag für die Stadtverordnetenversammlung fordert er einen Bürgerentscheid. Aufgrund von Anrufen besorgter Bürger die restlichen 33 000 Bürgerinnen und Bürger um ihre Entscheidung zu bringen, sei keine echte Bürgerbeteiligung, schreibt Wolf in seinem Antrag.

Gremiensitzungen am 14. und am 19. Juli
Obwohl die Standpunkte längst klar sind, wird der Themenkomplex Straßenbahn sehr wahrscheinlich für hitzige Diskussionen sorgen. Die Anträge stehen auf der Tagesordnung des Haupt- und Finanzausschuss, der am 14. Juli um 19 Uhr im Kultur- und Sportforum Dortelweil zusammenkommt. Die Stadtverordneten tagen am Dienstag, 19. Juli, um 18 Uhr ebenfalls in Dortelweil .