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Heil (86) schult Kinder

„Wenn ich noch mal auf die Welt komm’, werd’ ich wieder Lehrer“, sagt Walter Heil. Der 86-Jährige erscheint topfit und hat den besten Draht zu seinen Schülern, die er zu Hause ans Schwimmen und in den Alpen ans Bergsteigen auf mehr als 2000 Meter heranführt.

Bad Vilbel. Vermutlich ist Heil der älteste aktive Lehrer Deutschlands und der älteste Ausbilder der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG). „Ich war immer lebensbejahend, fröhlich und zufrieden“, sagt er. Auf dieses einfache Rezept führt er einerseits seine gute Konstitution, andererseits seinen guten Draht zu jungen Menschen zurück.

„Die Deutschen neigen dazu, Jammerlappen zu sein“, hat er in seinem Leben immer wieder festgestellt. Die wenigsten machten sich klar, dass es nicht nur gute Zeiten geben könne. „Jeder muss mal durch ein Tal, Schmerz und Enttäuschungen ertragen und kleine Brötchen backen. Das muss man einfach annehmen, denn zuletzt siegt immer das Positive.“ Mit dieser Einstellung hat er sein eigenes Leben gemeistert und Generationen von Schülern zu Erfolgen geführt.

„Leider geht heute in der Schule oft das Menschliche verloren“, bedauert er. Wichtiger als Verbote und Kritik sei es, Kinder zu loben und ihnen zu zeigen, wie’s richtig geht. Das sporne Motivation und Leistungsbereitschaft an.

Hinzu komme die Bereitschaft, Vorbild zu sein und alles mitzumachen. „Als ich mit den Schülern den Salto ins Wasser trainiert habe, hat das natürlich nicht bei allen auf Anhieb geklappt, aber beim zweiten, dritten Mal hatten sie den Dreh raus“, sagt Heil. Disziplinprobleme kennt er nicht. „Es kommt immer auf dich selbst an, wie die Kinder sind.“

In seinem über 60-jährigen Lehrerleben hat Heil Tausenden von Bad Vilbeler Kindern das Schwimmen beigebracht. Dazu in zehntausenden ehrenamtlichen Stunden, die er für die DLRG abgeleistet hat, auch 800 Erwachsenen. Außerdem hat er 800 Rettungsschwimmer ausgebildet.Nachdem Heil 1946 als 20-Jähriger aus der Kriegsgefangenschaft heimgekehrt war, absolvierte er parallel zu seinem Lehrerstudium eine Ausbildung zum Rettungsschwimmer mit Lehrschein bei der DLRG. „Seitdem habe ich Schwimmklassen“, erinnert er sich. Mittlerweile lassen seine Schüler der ersten Generation über ihre Enkel, die jetzt Unterricht erhalten, Grüße an ihn bestellen.

Alles mitmachen

Walter Heil steht als Lehrer nicht nur am Beckenrand, sondern folgt im Unterricht seinem Anspruch, alles mitzumachen. Aber nicht an jedem Tag hat er eine Schwimmklasse. Dann geht er allein ins Bad, um seine Bahnen zu ziehen. 1000 Meter schwimmt er täglich. „Beständigkeit ist wichtig, um körperlich in Form zu bleiben.“ Damit meint er nicht nur das Schwimmen.

Das Bad Vilbeler Stadtbild wäre nicht komplett, käme nicht Heil mit seinem Fahrrad irgendwo angefahren. Zu seiner zweiten Heimat sind längst die Alpen geworden. 33 Mal hat der ausgebildete Bergführer Heil mit Schulklassen Touren zu Hochgebirgshütten unternommen – zuletzt erst im vergangenen Sommer.

Bis 1990 hat Heil an der John-F.-Kennedy-Schule unterrichtet. Aber auch nach seiner Pensionierung ist er weiterhin bei Wandertagen, Fahrten und Projektwochen im Einsatz und bringt den Grundschülern der Saalburgschule das Schwimmen bei. Dabei kommt der DLRG-Ausbilder durch. Heil ist der einzige Schwimmlehrer, der mit seinen Schülern auch das Kleiderschwimmen trainiert. „Das ist wichtig, um im Notfall helfen zu können“, sagt der 86-Jährige.

Doch nicht nur den Kindern macht dieser Unterricht sichtbar Spaß. Auch Lehrerin Beate Schneider findet es „ganz klasse, mit einem so außergewöhnlichen, einmaligen Menschen wie Walter Heil zusammen zu arbeiten“.