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Helfende Hände gesucht

Auf der Suche nach Mitstreiterinnen im Diakonieverein: Einsatzleiterin Ursula Schweitzer (rechts) und Mitarbeiterin Elisabeth Berg. Foto: Kötter
Auf der Suche nach Mitstreiterinnen im Diakonieverein: Einsatzleiterin Ursula Schweitzer (rechts) und Mitarbeiterin Elisabeth Berg. Foto: Kötter

Karbener Diakonieverein braucht dringend Verstärkung, um seine Aufgaben noch meistern zu können

Karben. Wenn Ursula Schweitzer und Elisabeth Berg ihre aktiven Mitstreiterinnen durchzählen, halten die beiden Karbenerinnen kurz inne. »12, 13, 14…« – »…zuletzt waren es doch noch 16…« Ein gutes Dutzend Ehrenamtlerinnen hält die Arbeit des Diakonievereins aktuell noch am Laufen. Doch der Trend zeigt in eine klare Richtung: Die Zahl der Helferinnen geht zurück – »drastisch«, wie Einsatzleiterin Schweitzer sagt. In den Bestzeiten – vor etwa zehn Jahren – seien es noch doppelt so viele Helferinnen gewesen.

»Wir haben keine größeren Probleme, ehrenamtlich aktive Helfer zu finden, als andere Vereine auch«, sagt Schweitzer. »Doch die Auswirkungen sind bei uns natürlich bedeutend.« Denn: Der Diakonieverein, wichtige Anlaufstelle für Hilfesuchende wie ältere oder kranke Menschen, lebt von den helfenden Händen, die das Angebot des 1991 gegründeten Vereins Realität werden lassen. Die Helferinnen begleiten zum Arzt, warten gemeinsam mit den Betreuten im Wartezimmer, gehen einkaufen. Hilfestellung gibt es, so oft sie angefordert wird: einmalig während einer krankheitsbedingten Durststrecke, zweimal im Monat zum Arztbesuch oder jeden Morgen zum Aufstehen. Nur medizinisch-pflegerische Aufgaben wie etwa Verbände übernehmen die Ehrenamtlichen nicht.

BEDARF STEIGT
Aktuell profitieren 22 Karbener von der Hilfe des Vereins, der außerneben den aktiven rund 220 passive Mitglieder zählt. Der Bedarf an solchen Hilfestellungen wächst. »Die Zahl der alten Menschen auch hier in Karben steigt«, weiß Einsatzleiterin Schweitzer. »Gleichzeitig mussten wir schon erste Anfragen ablehnen, einfach weil uns Kräfte fehlen.«
Früher etwa sei auch Bettpflege angeboten worden. »Da hatten wir noch mehr geschultes Personal. Doch das geht heute einfach nicht mehr.« Auch ein Mann – heute sind die Aktiven des Vereins ausschließlich weiblich – war einmal im Team, ist heute aber nicht mehr dabei.

Dass die Zahlen zurückgehen, hat laut Schweitzer mehrere Gründe: Wie bei anderen Vereinen auch, können Helferinnen etwa aufgrund einer beruflichen Veränderung irgendwann nicht mehr mitanpacken. Nicht immer ist es das Alter. Vielmehr brechen wichtige Gruppen fast völlig weg: »Ich selbst habe mit dem Ehrenamt angefangen, als meine Kinder klein waren und ich mich nebenbei engagieren wollte«, erzählt die heute 58-Jährige. Heute seien viele junge Mütter schneller wieder berufstätig, sodass eine solche Neuorientierung nach der Geburt ausbleibe.

ZEITEN SIND FLEXIBEL
»Pflegen und betreuen, das macht und mag nicht jeder«, weiß Mitarbeiterin Elisabeth Berg. »Das muss man schon wollen.« Qualifikationen wie Mindestalter oder pflegerische Vorerfahrung gebe es keine. Gerade Neulinge können sich auf ihren Erfahrungsschatz stützen. Einmal im Monat treffen sich alle Helferinnen. »Das ist wichtig für den Austausch untereinander«, sagt Berg. Regelmäßig gebe es Fortbildungen für Neulinge und Auffrischkurse für alle, etwa in Fragen der Ersten Hilfe. Einmal im Jahr organisiert der Verein einen Ausflug. Ein weiteres Plus: Jede Helferin kann so viel arbeiten, wie sie will – bis die 450-Euro-Grenze erreicht ist, die Arbeitszeiten können dabei flexibel gewählt werden.

Neben dem »Taschengeld« ist es vor allem die positive Rückmeldung, die das Engagement lohnend macht, findet Mitarbeiterin Elisabeth Berg. »Ich war vorher in einer Arztpraxis tätig«, erzählt sie. »Da kamen viele alte Patienten, nur um Ansprache zu haben, um ein wenig zu erzählen. Da habe ich deutlich gemerkt, dass es daran in unserer Gesellschaft fehlt.« Als Helferin des Diakonievereins kann sie genau das geben – und erhält dafür sogar noch eine Aufwandsentschädigung. »Über die Jahre habe ich von den betreuten Menschen auch viel gelernt«, erzählt Berg mit einem Lächeln. Ein Mann im Rollstuhl habe ihr viel über klassische Musik, andere Ältere viel über die Geschichte Karbens beigebracht.

Auch Schweitzer hört nicht auf zu lächeln. Der Helferinnenschwund bereitet der Einsatzleiterin zwar Sorgen, doch verzweifeln möchte sie nicht. »So lange wir auch nur einen Menschen betreuen und dies finanziell bewerkstelligen können, so lange machen wir das auch«, erklärt Schweitzer.

Aufwand wird entschädigt – Diakonie-Helfer sind unfall- und haftpflichtversichert

Der Diakonieverein Karben wurde 1991 gegründet. Geholfen wird älteren oder kranken Menschen, die sich nicht mehr allein versorgen können, sowie Familien mit Kindern, wenn die Mutter erkrankt. Die Betreuung erfolgt in allen Karbener Ortsteilen. Ein neunköpfiger Vorstand leitet die Geschicke des Vereins, der aktuell rund 220 passive und 15 aktive Helferinnen zählt.
Den Pflegebedürftigen werden für die Pflegeleistung 9,50 Euro pro Stunde sowie Fahrtkosten von 30 Cent pro Kilometer in Rechnung gestellt. Die Betreuenden erhalten eine Aufwandsentschädigung und sind unfall- und haftpflichtversichert.
Über Spenden und die Mitgliedsbeiträge finanziert der Diakonieverein die Sozialabgaben. Mitmachen kann jeder, der wöchentlich ein paar Stunden Zeit hat und im Helfen eine sinnvolle Aufgabe sehe. Fragen beantwortet Ursula Schweitzer, Telefon: (0 60 39) 4 26 19.