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»Ich sehe mich als Schnittstelle«

Die neue Sozialdezernentin der Stadt Bad Vilbel, Ricarda Müller-Grimm, hat sich für die kommenden sechs Jahre viel vorgenommen. FOTO: PATRICK EICKHOFF
Die neue Sozialdezernentin der Stadt Bad Vilbel, Ricarda Müller-Grimm, hat sich für die kommenden sechs Jahre viel vorgenommen. FOTO: PATRICK EICKHOFF

Interview mit der neuen Sozialdezernentin Ricarda Müller-Grimm

Bad Vilbel hat wieder eine hauptamtliche Sozialdezernentin. Mit Ricarda Müller-Grimm ist die SPD nach mehr als 40 Jahren wieder mit einer hauptamtlichen Politikerin im Magistrat vertreten. Im Interview mit Redakteur Patrick Eickhoff spricht sie über ihren ersten Monat im Amt, ihre Erfahrungen im Sozialbereich und darüber, welche Herausforderungen in den kommenden Wochen anstehen.

Frau Müller-Grimm, Sie sind seit 1. September offiziell im Amt. Wie lief der erste Monat?
Sehr gut, danke. Ich habe viele Gespräche mit den Mitarbeitern der Fachbereiche und den neuen Kollegen geführt.

Haben die Sie direkt mit Arbeit überhäuft oder langsam starten lassen?
Ich war vom ersten Tag an voll dabei – ob es in Teambesprechungen war oder in anderen Bereichen. Ich hatte zwar etwas Angst davor, welche Themen mir begegnen. Doch die ist schnell verflogen.

Wieso?
Als ehemalige Leiterin des Wohnungsamts der Stadt Bad Homburg kannte ich solche Sitzungen natürlich. Die Fachdienstleiterinnen und Fachdienstleiter waren dort sehr gut vernetzt. Themen und Schwierigkeiten sind mir also sehr bekannt.

Welche sind das?
Beispielsweise bezahlbarer Wohnraum oder auch die Unterbringung von Geflüchteten und Obdachlosen. Aber auch die aktuellen Herausforderungen in den Kitas mit fehlenden Erziehern und Corona.

Die Stelle des Sozialdezernenten wurde die letzten Jahre von der FDP ehrenamtlich ausgeführt. Gab es schon ein Gespräch mit ihrem Vorgänger Jörg-Uwe Hahn?
Das hat bisher nicht stattgefunden. Herr Hahn kam aber am Abend meiner Wahl auf mich zu und sagte, dass er für Fragen jederzeit zur Verfügung stehe. Das werde ich auch nutzen. Wir sind schließlich beide im Magistrat. Zum Start wollte ich allerdings komplett unvoreingenommen reingehen.

Wie ist Ihr erster Eindruck?
Die Kollegen sind sehr nett. Der Zusammenhalt ist groß.

Sie saßen von 2011 bis 2018 im Ortsbeirat in Massenheim – zunächst parteilos, dann für die SPD. Ansonsten gelten Sie in Bad Vilbel als relativ unbeschriebenes Blatt. Ist das eine Chance oder eher ein Risiko?
Ich glaube, dass das überhaupt nicht schlimm ist. Ich sehe mich als Schnittstelle zwischen Verwaltung und Politik. Als Diplomverwaltungswirtin habe ich in meinem bisherigen Berufsleben schon einige Erfahrungen gesammelt. Ich habe in Ausschüssen mitgewirkt und mit der Sozialdezernentin zusammengearbeitet. Das Aufgabenfeld ist mir also sehr bekannt.

Als die SPD Sie gefragt hat, ob Sie sich das Amt zutrauen, haben Sie also auch sofort zugesagt?
Nein. Wer mich kennt, weiß, dass ich so was nicht einfach direkt zusage. Es ist eine Entscheidung, die das Leben verändert. Mein Mann und ich haben diese Entscheidung gemeinsam getroffen.

Sie sind einen Monat im Amt. Ein wichtiges Thema ist die Situation der Kitas. Der Fachbereich war in den vergangenen Monaten besonders gefordert. Ständig neue Corona-Verordnungen haben Ihnen das Leben nicht gerade leichter gemacht oder?
Ja, das hat sich am Anfang fast selbst überholt. Gerade in der ersten Woche gab es gefühlt ständig neue Erlasse. Da haben wir auch gleich einen Elternbrief rausgeben, dass die Gruppen wieder strikter getrennt werden müssen. Das ist mittlerweile zum Glück wieder aufgehoben.

Haben Sie die Einrichtungen besichtigt?
Bis auf eine habe ich schon alle besucht. Ich fand es ganz toll, dass sich alle Leitungen die Zeit genommen haben und auch über Themen gesprochen haben, die sie beschäftigen. Ich hatte nicht das Gefühl, dass es dort irgendwelche Hemmungen gibt. Diese Art von Transparenz finde ich gut. Wir haben schöne Kitas mit tollen Konzepten und Erzieher/innen, die diese umsetzen.

Ein Einarbeitungsprozess mit Verordnungen und wechselnden Regeln klingt alles andere als einfach?
Es gibt viele Rückmeldungen von Eltern. Die einen hätten gerne strengere Regeln, andere wünschen sich, dass die Maßnahmen gelockert werden. Es ist schwierig, es allen recht zu machen. Wir haben natürlich auch gesetzliche Vorgaben als Stadt sowie eine Verantwortung – auch unseren Mitarbeitern gegenüber.

Sind das auch die größten Herausforderungen in den kommenden sechs Jahren?
Ja, aber ich habe noch mehr vor.

Was genau?
Tatsächlich möchte ich den Sozialbereich mit seinen verschiedenen und wichtigen Aufgaben bekannter machen. Für viele ist es der Bereich
mit den meisten Kosten. Aber hier wird tolle Arbeit geleistet. Vom Kleinkind bis zur Seniorenarbeit sind die Kollegen für viele Themen zuständig.

Sie wollen den Bekanntheitsgrad erhöhen. Wie meinen Sie das?
Ich bin im Gespräch mit verschiedenen Mitarbeitern, dass sie mehr über ihre Arbeit berichten. Es ist doch viel schöner, wenn man als Bürger und Kommunalpolitiker weiß, wo die Gelder aus dem städtischen Haushalt eigentlich hingehen.

Wo sollen diese Vorträge stattfinden?
Außer den engagierten Mitarbeitern hat die Stadt auch tolle Kooperationspartner. Auch diese sollen eine Plattform bekommen, um über ihre Arbeit zu berichten. Das wäre auch eine erhebliche Aufwertung des Sozial- und Kulturausschusses. Der ist in der Vergangenheit häufig ausgefallen.

Welche Themen stehen aus Ihrer Sicht noch auf der Agenda?
Neben der Personalgewinnung im Bereich der Erzieherinnen und Erzieher ist die Ausbildungsförderung wichtig. Davon können wir alle profitieren. Außerdem möchte ich das Thema Digitalisierung voranbringen und meine Erfahrung einbringen, die ich bisher sammeln konnte.