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Im Bürgerwald ist Erntezeit – Ein Spaziergang mit Forstexperten: Das begehrte Fassholz lässt die Stadtkasse klingeln

Nidderau. Ein Maschendrahtzaun mitten im Wald? Was manchen Spaziergänger verwundern mag, hat indes einen guten Grund. „Im Wald vollzieht sich derzeit ein Generationenwechsel“, erklärte Revierförster Udo Kaufmann einer Besuchergruppe, die mit zwei Forstbeamten, einer Mitarbeiterin des Forstamtes Hanau und Bürgermeister Gerhard Schultheiß (SPD) zu einer zweistündigen Waldbegehung unterwegs war.

Wo Einzäunungen nahe des Parkplatzes Hirscheck an der Kreisstraße 851 die nachwachsenden Jungbäume vor Wildbiss schützen, wurde bis vor zwei Jahren wertvolles Starkholz entnommen. „Jetzt muss der Wald sich einer Verjüngungskur unterziehen“, sagte Kaufmann. In drei eingezäunten Gattern wachsen silbrige kleine Eichen und junge Buchen inmitten eines erwünschten Wildwuchses von Himbeeren und Hainbuchen nach. „Der lichte Anblick ist nur ein Zwischenstadium“, versicherte er. Mehrere Jahrzehnte werde es dauern, bis die natürliche Verjüngung ein strukturreiches Bild ergebe.

Warum werden die schönen alten Eichen gefällt? Eine Abholzung sei notwendig, betont Forstamtsleiter Christian Schaefer vom Forstamt Hanau Wolfgang. Ließe man die Bestände einfach wachsen, wandelten sie sich zu reinen Buchenbeständen. Die berühmten mehrere hundert Jahre alten „Traumeichen“ gebe es im Nidderauer Wald ohnehin nicht, denn die brauchten andere Böden.

Einige hundert Meter weiter lagern riesige Eichenstämme am Wegesrand. Es ist Fassholz, ein wertvoller Stoff, der in Frankreich in Dauben gespalten und zu Weinfässern verarbeitet wird. Fassholzkäufer prüfen es vor Ort, andere Teile gehen nach Schlüchtern zur Versteigerung. Beim Fassholz gelten besondere Kriterien: Wenig Astansätze, keine Wachstums-Drehung und keine „Pickelchen“ seien bevorzugt. Auch ehemalige Astansätze sind unerwünscht. Dann sei es „richtig gut zu verkaufen“, so Silke Selchow. Die Bereichsleiterin vom Forstamt Hanau Wolfgang ist für die Holzvermarktung und den Verkauf zuständig. Bei einer Versteigerung habe man schon 729 Euro pro Festmeter erlangt.

Am Weg hinter der Vogelschutzhütte stapeln sich Kiefernstämme, die zu Sortimenten zusammengefasst sind. Manche werden gehäckselt und zu Spanplatten gepresst, andere zerspant und zu Platten verarbeitet. Wieder andere enden als Euro-Paletten und Transportkisten. Mit den Zuwachsraten im Holzsektor sei man zufrieden, betonte Schaefer. Auch Brennholz für Bürger falle genügend ab.

Einen Einblick in die tägliche Arbeit bekamen die Waldgänger durch Jürgen Wirth. Er bedient einen Harvester (harvest, englisch für Ernte). Das Kraftpaket fällte eine Fichte, als sei sie ein Streichholz, schälte den Stamm und teilte ihn auf.