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„Ins Netz gegangen!“ – Das Wort zum Sonntag

„Der ist uns ins Netz gegangen“ – ein Spruch der in meinem früheren Beruf als Grafikdesigner zwar so wortwörtlich nicht gefallen ist, der aber mein Denken und Handeln und das meiner Kollegen oft genug bestimmte. Denn schließlich machten wir ja Werbung und da geht es nun einmal darum, die Menschen zu „ködern“, sie durch bunte Bilder und schöne Worte „einzuwickeln“.

Da geht es darum, sich die besten, was meistens heißt die zahlungskräftigsten und prominentesten, Kunden zu angeln. Und mit einem guten Fang, da war man wer. Beinah zehn Jahre war das mein Beruf, bis ich regelrecht aus dieser Arbeit und meinem bisherigen Leben herausgerufen wurde. Daran musste ich denken, als ich den Predigttext für den kommenden Sonn-tag las: Petrus, der Fischer, den Jesus von seinen Netzen weg ruft ihm nachzufolgen und der daraufhin alles verlässt um „Menschenfischer“ zu werden. Jesus rief auch mich. Wie? Das wäre eine andere Geschichte. Aber das Erstaunliche daran ist, dass ich die ersten dreißig Jahre meines Lebens alles andere als ein „frommes“ Leben geführt habe und in dem mir alles „Christliche “ ein Gräuel war.

Zurückgelassen habe auch ich damals vieles: den mir liebgewordenen Wohnort am Bodensee, eine gewaltige Schallplattensammlung und sonst noch vieles mehr, was sich in den Jahren in einer Wohnung ansammelt und woran das Herz der Erinnerung hängt. Mitnehmen konnte ich all das nicht in das kleine Zimmer, das ich während der nächsten fünf Jahre meines theologischen Studiums in der Schweiz mit einem Klassenbruder teilte. Zurückgelassen habe ich auch die Sicherheit zu wissen, wohin mich die Zukunft führt. Trotzdem fiel mir der Schritt nicht schwer, habe ich doch auch dieses Wunder der von Fischen überquellenden Netze, von dem der Evangelist Lukas berichtet, in meinem Leben erfahren. Jesus hat mich die Fülle des Lebens entdecken lassen, die nur er geben kann. Mitten hinein in eine mich mehr und mehr lähmende Hoffnungslosigkeit sprach Jesus sein göttliches, befreiendes „Fürchte dich nicht, ich habe noch viel mit dir und deinem Leben vor!“.

Jesus ruft, und wer sich auf diesen Ruf einlässt, dessen Leben ist nicht mehr wie davor. „Siehe, ich mache alles neu“, sagt Jesus seinen Nachfolgern. Und das sind, im Gegensatz zu der Werbung, die ich bisher machte, keine leeren Versprechungen. Und das sollen die Menschen wissen. So bin nun auch ich „Menschfischer“ geworden, in der Hoffnung, dass jetzt vielleicht auch Sie ins Netz gehen. Das Netz der Liebe Gottes, die er uns in Jesus Christus erwiesen hat.

Ihr Jörg Weise, Prediger

Landeskirchl. Gemeinschaft

Bad Vilbel-Heilsberg.