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Interesse ist ungebrochen

Mareike Born (links) und Bettina Hoppmann-Schrader haben in der Stadtbibliothek Großes vor. Foto: Patrick Eickhoff
Mareike Born (links) und Bettina Hoppmann-Schrader haben in der Stadtbibliothek Großes vor. Foto: Patrick Eickhoff

Bad Vilbel. Winterzeit ist Lesezeit: Im Interview sprechen die Leiterinnen der Bad Vilbeler Stadtbibliothek Mareike Born und Bettina Hoppmann-Schrader über Trends auf dem Buchmarkt, warum das analoge Buch immer noch wichtig ist und wo sich die Bibliothek in den kommenden Jahren hin entwickeln soll.

Frau Hoppmann-Schrader, Frau Born, in Zeiten von Smartphones, Laptops und Apps mal ganz provokant gefragt. Braucht es das klassische Buch überhaupt noch?
Bettina Hoppmann-Schrader: Natürlich. Analoges Lesen ist gerade für Anfänger sehr wichtig.
Mareike Born: Ich denke ein zweigleisiger Weg ist der richtige. Man darf vor dem Digitalen nicht die Augen verschließen und muss es mit einbinden. Das machen wir übrigens in der Bibliothek auch schon bei unseren Formaten.
Inwiefern?
Mareike Born: Wir haben eine App für Hörbücher, es gibt bei uns E-Books oder auch die beliebten Tonie-Figuren. Perspektivisch wollen wir eine digitale Führung für Kinder anbieten. Dies ist mithilfe der App Actionbound möglich.
Ist denn das klassische Buch überhaupt noch gefragt?
Mareike Born: Aber klar. Haptische Bücher sind das allerwichtigste. Ich denke, man muss einfach beides bedienen. Wir haben einen sehr guten Bestand hier und fast alles da, was es auf dem Markt so gibt.
Bettina Hoppmann-Schrader: Wir hatten auch Gruppen und Kinder hier, die sind mit drei Taschen Büchern rausgegangen. Das Interesse an Büchern ist immer noch ungebrochen.
Was liest denn die Jugend von heute?
Bettina Hoppmann-Schrader: Der Sachbuchmarkt ist sehr stark. Mittlerweile gibt es auch Biografien für Kinder, die sind sehr beliebt.
Mareike Born: Wir haben immer verschiedene Ausstellungen. Auch das LGBTQ-Segment ist sehr beliebt.
Bettina Hoppmann-Schrader: Aber natürlich bleiben auch Klassiker wie »Die drei ???« oder Fantasy-Reihen wie »Die Schule der magischen Tiere« sind sehr beliebt. Comics werden ebenfalls viel ausgeliehen.
Ist das ungewöhnlich?
Mareike Born: Ich war in anderen Bibliotheken angestellt, da war das nicht so extrem. Es sind sowohl Klassiker wie Lucky Luke oder Asterix sehr beliebt, aber auch die neuen Comics funktionieren gut.
Die Stadtbibliothek hat dieses Jahr ihre zehnjähriges am Standort auf der Brücke über der Nidda mit zahlreichen Veranstaltungen gefeiert. Gab es einen besonderen Höhepunkt?
Bettina Hoppmann-Schrader: Insgesamt war es sehr zufriedenstellend. Wir hatten auch viele kleine Aktionen. Klar ist aber, dass die Veranstaltung mit Grimmepreisträger Moritz Netenjakob oder die Lesung mit Philipp Wächter für Kinder schon absolute Highlights waren.
Mareike Born: Er hat sich viel Zeit genommen und uns auch ein Bild geschenkt. Das war toll. Aber auch die gängigen Veranstaltungen sind gut gelaufen.
Welche sind das?
Mareike Born: Unser Leseclub im Sommer wurde gut angenommen. Es haben 80 Kinder teilgenommen. Wir hatten einen Podcast-Workshop. Die Vorlesestunden sind immer ruckzuck ausgebucht. Auch beim Tag der offenen Tür waren Hunderte Leute bei uns. Das freut uns sehr.
Bei einer dieser Veranstaltungen hatten Sie beide erzählt, die Bücherei solle ein »Raum für die Stadtgesellschaft« werden. Hier spielt auch die Erweiterung der Öffnungszeiten in Form einer Open Library eine Rolle. Wie soll so ein Ort für alle aussehen?
Mareike Born: Eine Bibliothek ist mehr als nur ein Bücherverleih. Wir wollen ein offenes, demokratisches Forum für alle bieten und uns in dieser Richtung weiterentwickeln. Wir wollen niederschwellige Zugänge schaffen und unsere Öffnungszeiten anpassen, um Menschen entgegenzukommen, die länger arbeiten, oder auch Studierenden, die gerne mal abends lernen.
Bettina Hoppmann-Schrader: Dafür streben wir auch weitere Kooperationen an. Wir haben einen generationenübergreifenden Spielenachmittag mit Senioren geplant. Im März planen wir ein Mario-Kart-Turnier. Es geht uns ums Netzwerken im Ort.
Wie meinen Sie das?
Bettina Hoppmann-Schrader: Wir haben eine Kooperation mit dem Verein Kirschberghütte. Diese wollen wir fortführen. Mit BUND und NABU hatten wir schon Bienen- und Wassertage. Dieses Jahr war Plastikfrei Bad Vilbel bei uns. Auch der Imkerverein oder die Naturfreunde waren schon hier. Wir wollen schauen, was möglich ist. Vielleicht auch in die Richtung einer Grünen Bibliothek.
Wie sieht es im Bereich der Digitalisierung aus?
Mareike Born: Auch da soll es natürlich weitergehen. Den Smartphone-Kurs mit Senioren würden wir gerne vertiefen. Aber auch unsere Verwaltungsprozesse wollen wir digitalisieren. Außerdem soll ein sogenannter Makerspace den Nutzerinnen und Nutzern die Möglichkeit bieten, kreativ werden zu können.
Wie darf man sich eine offene Werkstatt in einer Bücherei vorstellen?
Mareike Born: Es muss ja nicht gleich ganz groß sein. Wir dachten an eine Art Makerspace-to-go. Es gibt z.B. ein Digitalisierungsgerät, mit dem sich alte VHS oder Dias digitalisieren lassen. Das wäre ein Anfang.
Abschließend die wichtigste Frage. Was lesen Sie gerne?
Mareike Born: Ich bin eigentlich eine Sachbuchleserin. Romane sind für mich eher ein Thema im Sommerurlaub. Zuletzt habe ich aber »Kangal« von Anna Yeliz Schentke und »Streulicht« von Deniz Ohde gelesen. Beide haben türkischen Migrationshintergrund aber gehen die Thematik anders an.
Hoppmann-Schrader: Diese Thematiken finde ich auch sehr spannend. An sich würde ich aber sagen, es sind unterschiedliche Bücher zu unterschiedlichen Zeiten. Mal anspruchsvoll, mal nicht so. Das variiert immer. Zuletzt fand ich die Bücher von Andreas Eschbach sehr spannend. Empfehlen würde ich auch »Auf See« von Theresia Enzensberger.
Von Patrick Eickhoff