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Jungs brauchen Väter – Städtische Jugendpflege reagiert auf Veränderungen • Infoabend für Eltern

Bad Vilbel. Jungen haben’s nicht leicht. Ihnen fehlt das väterliche Vorbild, zudem bringt sie ihr Verhalten oft in Gefahr – urteilt die Bad Vilbeler Jugendpflege. Deshalb bietet die Stadt nun einen Info-Tag für Pädagogen und Eltern an.

„Jungs wachsen in der Regel mit der Abwesenheit der Väter auf“, sagt Thomas Kahler, Leiter des Bad Vilbeler Jugendzentrums Efzet. Bis ins Grundschulalter werde ihre Erziehung überwiegend von Frauen wahrgenommen, ergänzt Jugendamtsleiter Klaus Jäger. So seien nur sieben von 115 Erziehern in den städtischen Kitas Männer. Dabei habe es zum Jahresende 2009 in Bad Vilbel 1341 Jungs im Alter von acht bis 14 Jahren und 1313 Mädchen im gleichen Alter gegeben. Die Jugendarbeit müsse auf Veränderungen reagieren, betont Sozialdezernent Jörg Frank (CDU). Mädchenarbeit werde großgeschrieben, „aber wir müssen aufpassen, die Jungen nicht zu vernachlässigen.“ So gibt es seit einigen Jahren das Angebot „Boys Live“ mit Workshops und Gruppenaktivitäten in der Natur, das im Herbst fortgesetzt werden soll. Schon 2008 habe es eine Fachtagung zu dem Thema gegeben – „aber da waren die Eltern außen vor“, so Kahler.

Deshalb soll es am Mittwoch, 16. Juni, ein doppeltes Angebot geben. Der Diplompädagoge Reinhard Winter wird von elf bis 17 Uhr im Dortelweiler Kulturforum eine Tagung für Mitarbeiter aus Kitas, Jugendhilfe und Jugendarbeit leiten. Von 19 Uhr an sind die Eltern zu einem Infoabend „Jungs – eine Gebrauchsanweisung“ eingeladen – kostenfrei.

Winter schildert, welche Probleme Jungen haben. Der Referent ist in der Leitung des Sozialwissenschaftlichen Instituts Tübingen in der Jungenforschung tätig. Er hat eine Tochter und einen Sohn, die sich gerade beide in der Pubertät befinden. Eigene Erfahrungen hat auch Kahler, der zwei Mädchen und einen Jungen hat.

Mit Freunden in einen Schrebergarten zu gehen, dort ein Lagerfeuer zu machen, mache seinem Sohn Spaß – aber auch gemeinsam mit seinem Vater Radtouren zu unternehmen – „was wiederum die Mädchen gar nicht mögen“, erzählt Kahler. Den Vätern rät er: „Anwesend sein!“ Sie müssten sensibilisiert werden, an der Erziehung teilzunehmen.Erziehung dürfe nicht allein an die Betreuer in städtischen Einrichtungen übertragen werden, mahnt Jäger.

Die richtigen Angebote seien gefragt, so Kahler. Dazu zähle das Vorbild der Väter. Wenn diese nur vor Computer oder Fernseher säßen, suchten sich die Jungs unter Gleichaltrigen Anerkennung – und das oft mit Imponiergehabe. Noch immer gebe es starre Rollenbilder: „Ein Mädchen weint vor Wut, ein Junge schlägt aus Wut.“ Im Umgang mit Frustrationen reagierten Mädchen eher nach außen, „Jungs ziehen sich zurück“, hat Kahler beobachtet. Sie seien, gehe es um Gewalt, Schulverweigerung, Spielsucht, Abhängigkeiten sowie Konzentrations- und Lerndefizite, in der Überzahl. Aber auch im Jugendzentrum gebe es unterschiedliche Interessen.