Veröffentlicht am

Kälte & Hitze, Licht & Schatten – Leserbrief

Zum Thema Gestaltung der Mediathekbrücke erreichte uns nachfolgende Stellungnahme:

Ein vollverglastes Gebäude ist energetisch gesehen der gebaute Worst-Case. Längst hat man in Fachkreisen erkannt, dass diese Bauweise im Sommer auch mit Verschattungsvorrichtungen zu Überhitzungsproblemen führt, die in der Regel mit hohem elektrischem Aufwand wieder ,weggekühlt’ werden müssen. Die thermische Behaglichkeit lässt ebenfalls zu wünschen übrig. Im Winter wird man kräftig heizen müssen um ein halbwegs behagliche Klima zu erzeugen. Die Behaglichkeit ist umso wichtiger wenn man bedenkt, dass man in einer Bücherei lesend still sitzt und somit Kälte als unangenehmer empfunden wird als in Aufenthaltsbereichen mit erhöhter Körperaktivität. Die kalten Glasscheiben können nur durch enormen Heizaufwand „behaglich geheizt´“ werden.

Ist klar, dass die allerbeste momentan auf dem Markt serienmäßig verfügbare dreifach Wärmeschutzverglasung mit einen U-Wert (Wärmedurchgangskoeffizient) von 0,5 W/m²K immer noch den fünffachen Transmissionswärmebedarf im Vergleich zu einer gut gedämmten Wand mit 0,1 W/m²K zur Folge hat? Verwenden Sie hingegen zweifach-Standard-Wärmeschutzglas (wovon ich ausgehe) liegt der U-Wert bei 1,1 W/m²K und somit elfmal (!) so hoch wie eine zeitgemäß gedämmte Wand im Passivhausstandard.

Vollverglaste Bibliotheken haben einen weiteren entscheidenden Nachteil: Papier verträgt auf Dauer UV-Licht nur sehr schlecht. Diese Erfahrung hat der renommierte Architekt Jean Nouvel vor Jahren leidvoll machen müssen. Seine Nationalbibliothek in Paris hat zwar eine überzeugende Entwurfsidee (das gläserne offene Buch) funktioniert aber weder energetisch noch in Hinblick auf eine dauerhafte Buch-Aufbewahrung und wurde meines Wissens sehr teuer saniert.

Aus meiner Sicht muss ein grundlegend neuer Büchereibrücken-Entwurf erstellt werden oder der bestehende muss – zumindest was Energiekonzept/Fassade und Behaglichkeit angeht – grundlegend überdacht und überarbeitet werden. Eine Zonierung in helle aber blendfreie Lesebereiche und in dunkle Buch-Aufbewahrungsbereiche – beide mit energetisch jeweils optimaler Ausrichtung um solare Gewinne zu nutzen und Energieverluste zu minimieren – ist essenziell.

Dipl.-Architekt Peter Hufer,

Bad Vilbel