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Kein Honigschlecken für die Imker! – Nach 136 bienenfleißigen Jahren droht dem Verein für Bad Vilbel und Umgebung am kommenden Sonntag das Ende

Bad Vilbel. Nach rund 136 Jahren droht dem Bienenzuchtverein Bad Vilbel am kommenden Sonntag das Aus. „Die jungen Leute haben keine Zeit mehr oder genießen lieber ihre Freizeit“, stellt Vorsitzender Edwin Jung fest, der eine außerordentliche Mitgliederversammlung einberufen hat, auf der er aus gesundheitlichen Gründen seinen Rücktritt bekanntgeben wird. Ein Nachfolger ist nicht in Sicht.

„Vielleicht geschieht ja noch ein Wunder“, hofft seine Frau Käthe, die Schriftführerin im Verein ist. Doch ohne ihren Edwin will sie auch nicht mehr im Vorstand arbeiten. Die beiden bilden seit zehn Jahren ein unschlagbares Spitzenteam, dem auch noch Kassiererin Elisabeth Kötter zuzurechnen ist. Das Amt des stellvertretenden Vorsitzenden konnte schon seit dem Tod von Werner Stöltzing vor vier Jahren nicht mehr besetzt werden.

Besonders mitgliederstark war der Verein nie. Selten erreichte er die Zahl von 60 Bienenzüchtern. 67 Mitglieder im Jahr 1989 mit 584 Bienenvölkern dürften ein Spitzenwert gewesen sein. Aber es gab immer genug junge Leute und der Verein war aktiv. „Wir sind alle zu alt geworden“, erkennt der 75-jährige Edwin Jung, der vor vier Jahren einen Schlaganfall und bei einem Unfall im vergangenen Sommer einen Oberschenkelhalsbruch erlitten hat, der ihm immer noch zu schaffen macht.

Eine Handvoll Jüngerer unter den heute noch rund 30 Mitgliedern mit schätzungsweise 140 Völkern scheut sich, die Verantwortung als Vorsitzender zu übernehmen, oder „hat noch nicht so viel Ahnung“, wie Käthe Jung es ausdrückt. „Der neue Vorsitzende müsste einer sein, der sich intensiv mit den Bienen befasst“. Das hält Edwin Jung für unerlässlich. „Unterstützung könnte er von uns weiterhin bekommen, auch wenn wir nicht mehr in der vordersten Reihe stehen.“

Immerhin sind die Obleute Bienenzucht, Jürgen Uebel, und Bienenweide, Reinhold Röll, bereit, ihre Aufgaben weiterhin wahrzunehmen. Auch ein neuer Kassierer und ein neuer Schriftführer sind in Sicht. Nur die Besetzung der Ämter des ersten und zweiten Vorsitzenden bereitet Sorgen. „Dabei will niemand, dass unser Verein eingeht“, versichert Jung. Hoffnung schöpften die Bienenzüchter, als sie auf dem Hessentag zusammen mit den Freunden aus Butzbach und Friedberg an einem gemeinsamen Infostand auf großes Interesse bei den Besuchern stießen. „Aber gemeldet hat sich danach doch keiner mehr.“

Dabei müsste die Bienenzucht, die dem Naturschutz dient und ein hochwertiges Nahrungsmittel hervorbringt, voll im Trend liegen. Seinen Festvortrag zum 125-jährigen Bestehen des Bienenzuchtvereins hielt der Biologieprofessor für Bienenkunde Günther Vorwohl von der Uni Stuttgart 1997 sogar zum Thema „Honig ist mehr als nur ein Nahrungsmittel“.

Die ökologische Bedeutung der Bienenzucht fand ihre Anerkennung 1980 in der Verleihung des Umweltpreises der Naturschutz-Gesellschaft Bad Vilbel an den damaligen Vorsitzenden Rudi Finger. 1985 erhielt der Imker Reinhold Röll den Umweltschutzpreis der Stadt, 1994 wurde der Bienenzuchtverein für seine Arbeit mit dem Jahrespreis des Naturschutz-Fonds Bad Vilbel ausgezeichnet.

Große Verdienste erwarben sich Mitglieder des am 4. Januar 1872 gegründeten Vereins schon in der unmittelbaren Nachkriegszeit.

Weil die alte mitteldeutsche Biene so stark durch fremde Bienenrassen verkreuzt war, dass eine Reinzucht unmöglich wurde, galt das besondere Interesse der in Österreich gezüchteten Carnika, die sich gut an die landwirtschaftliche Situation in unserem Raum angepasst hat. Ein bedeutender Initiator der Carnikazucht war der Imker Karl Hinkel. Nach ihm haben sich im Bad Vilbeler Bienenzuchtverein besonders Albert Rozek und Rudi Finger um die Zucht dieser Biene bemüht.

Findet sich in der außerordentlichen Mitgliederversammlung am 6. April kein neuer Vorsitzender, so können das Amtsgericht und der Landesverband den traditionsreichen Verein erlöschen lassen und die Mitglieder einem benachbarten Bienenzuchtverein zuschlagen.

Hauptversammlung am Sonntag (6. April) ab 14 Uhr im Gemeindezentrum Massenheim. Sollte jemand, der sich für die Bienenzucht interessiert, in der Lage sein, dem Verein in der misslichen Situation zu helfen, wird er gebeten, sich mit Edwin und Käthe Jung in Verbindung zu setzen unter der Telefonnummer (0 60 34) 75 86.